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Grabesstimmung zwischen den beiden Koalitionspartnern: Michael Spindelegger und Werner Faymann stehen vor ihrem schwersten Konflikt.

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Wien - Michael Spindelegger hat sich festgelegt. "Mit mir wird es keine neuen Vermögenssteuern geben", tönt der Finanzminister unverdrossen. In der SPÖ herrscht darüber Unverständnis und Ratlosigkeit. Kanzler und Parteichef Werner Faymann geht davon aus, dass es sehr wohl vermögensbezogene Steuern geben wird - und zwar schon nächstes Jahr. Das ist zumindest der Plan.

Die Koalition steuert mit offenen Augen auf einen Frontalcrash zu. Spindelegger und Faymann haben sich jeweils festgelegt, also wird einer von beiden eine herbe Niederlage einstecken müssen. In der SPÖ geht man davon aus, dass dies Spindelegger ist. Wenn es mit ihm nicht geht, dann ohne ihn, angeblich sei der Vizekanzler ohnedies schon so zermürbt, dass er drauf und dran sei, alles hinzuschmeißen. Ihn ärgert insbesondere der Druck, den die SPÖ derzeit aufbaut: Nächste Woche am Donnerstag tagt der ÖGB-Bundesvorstand, an diesem Tag soll auch die breit angelegte Steuerkampagne der Gewerkschaft ganz offiziell starten. Ein paar Details sind schon auf der Homepage des ÖGB zu sehen. "Lohnsteuer runter!",  lautet ein Sujet, "Her mit der Vermögenssteuer!", ein anderes.

Der ÖGB plant neben Informationsveranstaltungen für Betriebsräte auch eine breite Kampagne in der Öffentlichkeit mit Inseraten und Plakaten. Die Unterschriftenaktion wurde bereits gestartet: Mehr als eine Million Unterschriften sollen ordentlich Druck auf die Regierung, insbesondere auf Vizekanzler und Finanzminister Spindelegger, erzeugen.

Kampagne abgestimmt

Im roten Kanzleramt wird betont, dass die Kampagne der Gewerkschaft eng mit Werner Faymann abgestimmt sei und von diesem mitgetragen werde. Es sei also unrichtig, dass auch Faymann durch die ÖGB-Kampagne unter Druck geraten könnte. Immerhin findet im November ein Parteitag statt, bei dem sich Faymann seiner Wiederwahl als Vorsitzender der SPÖ stellen muss.

Bis dahin will der ÖGB bereits ein ganz konkretes Modell für eine Steuerreform auf dem Tisch liegen haben, das eine Entlastung für die Arbeitnehmer und eine Gegenfinanzierung durch Vermögenssteuern beinhalten soll.

Konzept im März 2015

In der SPÖ geht man davon aus, dass bereits im März 2015 ein Konzept für eine Steuerreform fertig - und mit der ÖVP abgestimmt - sein werde. Dass darin keine vermögensbezogenen Steuern enthalten sein könnten, ist für die rote Parteiführung nicht vorstellbar. Sollte die von der ÖVP so verdammte "Millionärssteuer" nicht kommen, dann müsse es wenigstens eine Erbschafts- und Schenkungssteuer sowie eine Reform der Grundsteuer geben. Und nicht erst 2016. Faymann geht davon aus, dass zumindest ein Teil der Steuerentlastung schon zur Jahreshälfte 2015 umgesetzt werden könne.

Andere Sicht

In der ÖVP sieht man das ganz anders. Und wundert sich, wie Faymann wohl aus dieser Nummer herauskommen werde. Denn Spindelegger habe nicht vor, seine Zustimmung zu Vermögenssteuern zu geben; und er habe nicht vor, eine Steuerreform vorzuziehen, wenn nicht gleichzeitig auf der Ausgabenseite spürbare Einsparungen erzielt werden. Und derzeit schaut es nicht so aus, als ob eine große Verwaltungs- und Strukturreform in absehbarer Zeit aufgesetzt werden könnte.

Und selbst wenn: Die Einsparungseffekte wären eher mittel- und langfristig. Also könne es 2015 noch keine Steuerentlastung geben, weil diese dann auf Pump erfolgen würde, was Spindelegger stets ausgeschlossen hatte.

Die Annahme in der ÖVP: Bis zum SPÖ-Parteitag werde es wohl Sturmgewitter in Sachen Steuerreform geben, danach werde das rote Donnerwetter abflauen. Wenn nicht: Dann kommt es wohl zum Showdown der Koalitionspartner. (Michael Völker, DER STANDARD, 27.6.2014)