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Mit Öl (im Bild eine Raffinerie von Bashneft) und Gas verdient Russland noch immer gutes Geld.

Foto: Reuters/Sergei Karpukhin

In den ersten fünf Monaten ist das russische BIP um 1,1 Prozent gegenüber dem Vorjahr gewachsen, teilte Wirtschaftsminister Alexej Uljukajew mit. Das entspricht gut dem Doppelten der eigenen im April veröffentlichten Prognose, die das Ministerium wohl im August wieder anheben wird: "Damit das Wachstum bei 0,5 Prozent landet, müssten wir den Rest der Zeit Nullwachstum haben und Gründe dafür gibt es nicht", sagte Uljukajew.

Damit wird klar: Dramatische Auswirkungen auf die russische Wirtschaft hatten die bisherigen Sanktionen des Westens nicht. Eisenbahnchef Wladimir Jakunin - als enger Vertrauter Wladimir Putins selbst davon betroffen - verglich sie mit Mückenstichen: Sie seien störend, aber nicht lebensbedrohlich.

Symbolischer Charakter

In der Tat haben die bisher ausgesprochenen Sanktionen nur Symbolcharakter. Der von der EU verhängte Einfuhrstopp für Pelze, Wodka und Kaviar bremst die russische Wirtschaft, die immer noch von Öl und Gas unter Dampf gehalten wird, nicht aus.

Kurios: Teils trugen die Sanktionen sogar zum Wachstum bei. Durch die politischen Unsicherheiten fiel der Rubel deutlich, was einheimische Hersteller wettbewerbsfähiger gegenüber Importeuren machte. Die Importverdrängung wurde zudem vom Kreml speziell in sicherheitsrelevanten Sektoren forciert.

Natürlich ist nicht alles Gold, was glänzt. Selbst, wenn das Wachstum mit einem Prozent am Jahresende besser als erwartet ausfallen sollte, wäre es das Schwächste seit 2009. Es reicht bei weitem nicht, um Russlands Rückstand gegenüber anderen Industrienationen aufzuholen.

Kein Wachstum ohne Investition

Zudem sind gleichzeitig die Investitionen um 3,8 Prozent gefallen. Ohne Investitionen ist künftiges Wachstum unmöglich, die Analysten von Renaissance Capital listen diesen Punkt daher als größtes Risiko für die weitere Wirtschaftsentwicklung auf. Die Zurückhaltung der Unternehmer beruht einerseits auf politischer Unsicherheit, andererseits gerade bei Klein- und Mittelständlern auf dem fehlenden Zugang zum internationalen Kapitalmarkt, um günstig an Kredite zu kommen. Die Sanktionsdrohungen haben deren prekäre Lage verschärft.

Aber auch die großen Akteure leiden unter der Scheu der Ausländer, sich in Russland zu engagieren. In den letzten Jahren wurden auf dem Eisenbahnforum in Sotschi Milliardenverträge unter anderem mit Siemens und Alstom abgeschlossen. Heuer unterzeichnete die russische Bahn lediglich ein Dutzend Absichtserklärungen. Jakunin räumte anschließend ein, einen "subjektiven Einfluss" übten die Sanktionen eben doch auf die Partner aus. (André Ballin aus Moskau, DER STANDARD, 27.6.2014)