In der fotorealistischen Serie "Tropen" integriert sich Künstler David Zeller über das Motiv des Spiegels als "teilnehmender Beobachter" ins Bild (obere rechte Ecke) und bricht so überdies den voyeuristischen Blick.

Foto: David Zeller

Wien – "Papa, überweise sofort 10.000 Dollar". Ein studentischer Befehl, der seine Komik daraus bezieht, dass er sich mit ausgeschnittenen Buchstaben als Erpresserbrief ausgibt. "Ich mag schlechten Humor", sagt Micha Wille, die sich jedoch den Reiz solcher Witze auf intelligente Art zunutze macht. In ihrer Abschlussarbeit an der Akademie der bildenden Künste wirft sie aus verschiedensten Perspektiven und in unterschiedlichsten Techniken ironische Blicke auf Kunstbetrieb, Markt und das sich dazwischen  zerreibende Subjekt des Künstlers. Das Material, mit dem sie sich an Konkurrenzdenken, Nötigung zum Netzwerken oder dem Hang zur Rechtfertigung abarbeitet, ist Humor: "Oft muss man die unterste Schublade aufmachen, damit die Kommode nicht umfällt", steht auf einem Bild. "Humor ist funktionales Element der Arbeiten", sagt sie und schiebt dem als Orang Utan getarnten Beuys den Kafka’schen Bericht an eine Akademie unter, eine pädagogische Satire über Assimilationszwang.

Willes Arbeit ist eine der besonders gewürdigten Diplomarbeiten in diesem Jahr. Zu den Ausgezeichneten zählen auch Daniela Mitterberger, Piotr Winiewicz und David Zeller. Zellers fotorealistische Malereien umkreisen queer-politische Fragestellungen.

Piotr Winiewicz’ Arbeit ist nicht etwa ein architektonisches Modell, wie man es bei einem Architekturabsolventen erwarten würde, sondern ein Film. Weder Dokumentation, noch Fiktion, wie die Offstimme eingangs festhält. Und auch sonst ist der Film bemüht, sich dem allzu Expliziten zu entziehen: Die Architektur, um die es geht, tritt auch nie direkt in Erscheinung, sondern ersteht als Idee. Und bekanntlich sind ja die Bilder, die im Kopf entstehen, die stärksten. Winiewicz entwickelt die sehr stringente Geschichte eines Museumsbaus, der von seinem eigenen Erbauer wieder abgerissen wird, weil er fürchtet, die Ideen der Moderne könnten vom Kapitalismus gekapert werden.

Inspirierend die gedankliche Reise, auf die uns Daniela Mitterberger mitnimmt:_Sie führt über die Alpen und zeigt Kleidung und Ausrüstung als kleinste Behausung. Das „Werkzeug“ als Krücke und der unvollständige Mensch bilden eine Einheit, in der letztlich der Körper zur Architektur wird.

Feinst konzipierte Denkanregungen, wie man sie in Wiener Ausstellungen oft vermisst. (Anne Katrin Feßler, DER STANDARD, 27.6.2014)