Donezk/Kiew - Auch das zweite in der Ostukraine entführte Team aus vier OSZE-Beobachtern ist wieder frei. Die Ende Mai entführten Mitarbeiter seien nach 32 Tagen Gefangenschaft wieder frei, teilte die Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) am Samstag mit. Bereits in der Nacht zum Freitag war das erste entführte Beobachterteam freigelassen worden.

Feuerpause

Noch bis Montag gibt der ukrainische Präsident Petro Poroschenko den prorussischen Kräften im Osten Zeit, ihre Waffen niederzulegen. Doch die Konfliktparteien rüsten sich schon für ein Ende der Feuerpause und für ein mögliches neues Blutvergießen.

Nach der Verlängerung der Waffenruhe für die Ostukraine berichten beide Seiten des Konflikts von einer andauernden Gewalt in der Region Donezk. "In Kramatorsk gehen die Militäraktionen weiter", sagte der Separatistenführer Miroslaw Rudenko der Agentur Interfax zufolge am Samstag. Er behauptete, dass die in der Nacht von Poroschenko bis Montag verlängerte Waffenruhe nur das Ziel habe, das Militär für einen Schlag gegen die Separatisten in Stellung zu bringen.

Separatisten fordern Abzug

Dagegen warfen regierungsnahe Kräfte den Separatisten vor, Soldaten auf dem Flughafen von Kramatorsk beschossen zu haben. Es habe aber keine Opfer gegeben, teilte der Militärexperte Dmitri Tymtschuk in Kiew mit. Die seit 20. Juni geltende Feuerpause soll nach Regierungsangaben dazu genutzt werden, Poroschenkos Friedensplan umzusetzen.

Die Separatisten verlangen für den Beginn eines Friedensdialogs den Abzug aller Regierungstruppen aus der Ostukraine. Sie lehnen es deshalb bisher ab, die Waffen niederzulegen. In der ebenfalls von den prorussischen Kräften beanspruchten Region Lugansk rüsteten sich die Separatisten für neue Angriffe. Sie legten nach eigener Darstellung mehr als 60 Bunker zum Schutz gegen Bombenangriffe an.

Montag zu Ende

Der ukrainische Verteidigungsminister Michail Kowal sagte, dass es trotz der Waffenruhe vereinzelte Provokationen gegeben habe. "Aber wir kontrollieren den Prozess", sagte er. In Kiew bestätigte Andrej Lyssenko, der Sprecher des Rates für nationale Sicherheit und Verteidigung, dass es einen Plan für die Zeit nach der Feuerpause gebe. Die Waffenruhe endet am Montag um 21.00 Uhr MESZ.

Der russische Außenminister Sergej Lawrow lobte im Staatsfernsehen die Friedensbemühungen von Staatschef Poroschenko. Es gebe aber auch noch andere Akteure in der ukrainischen Führung, darunter radikale und ultranationalistische Kräfte, Anhänger des Rechten Sektors sowie bezahlte Einheiten des Oligarchen und Dnjepropetrowsker Gouverneurs Igor Kolomojski.

Russland vs. USA

Diese Gruppierungen seien einflussreich und hörten nicht auf Poroschenkos Kommando, sagte Lawrow. "Nun, und dann gibt es auch noch unsere amerikanischen Kollegen, die - und dafür gibt es viele Beweise - bei alledem versuchen, die ukrainische Führung auf den Weg der Konfrontation zu bringen", sagte Lawrow im Fernsehen. Die ukrainische Regierung hatte im April mit ihrer umstrittenen "Anti-Terror-Operation" in der Ostukraine begonnen und dabei auch Kampfflugzeuge, Panzer und Artillerie eingesetzt. Hunderte Menschen starben bisher bei den Kämpfen.

Auch der deutsche Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) sieht trotz der Verlängerung der Waffenruhe für die Ostukraine die Lage in dem Land nicht entscheidend entschärft. Entscheidende Schritte müssten folgen, um Präsident Poroschenko Argumente an die Hand zu geben, den Waffenstillstand noch einmal zu verlängern, sagte Steinmeier auf einer Konferenz der schleswig-holsteinischen SPD am Samstag in Kiel. Eine Freilassung weiterer OSZE-Beobachter könnte dafür belastbare Argumente geben. Trotz der möglicherweise gelungenen Beruhigung in den letzten Tagen bleibe die Gefahr einer Spaltung Europas real. (APA, 28.6.2014)