Wien - Ein aktueller Entscheid des Verwaltungsgerichtshofs stärkt die Rechte von Asylwerbern bei Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht. Einer Beschwerde von zwei afghanischen Asylwerberinnen bezüglich der Notwendigkeit, eine öffentliche Verhandlung durchzuführen, wurde stattgegeben.

Im konkreten Fall handelte es sich um zwei im Jahr 2012 eingereiste Afghaninnen, deren Asyl-Antrag bereits in erster Instanz im Vorjahr abgewiesen wurde. Immerhin erhielten sie subsidiären Schutz. Die beiden Frauen gingen dennoch wegen des Asylantrags in die Zweitinstanz, wandten sich also an das Bundesverwaltungsgericht und beantragten eine mündliche Verhaltung, was jedoch abgelehnt wurde - zu Unrecht, wie jetzt der VwGH befand.

Grundsätzlich hält der Gerichtshof fest, dass bei entsprechendem Parteienantrag das Bundesverwaltungsgericht verpflichtet ist, eine öffentliche mündliche Verhandlung in Asylsachen durchzuführen. Unterbleiben kann diese, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage geklärt ist.

Bedingungen

Dafür nennt der VwGH nun Bedingungen, unter anderem, dass der Sachverhalt in einem ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahren erhoben wurde und noch immer die gesetzlich gebotene Aktualität aufweist. Zudem muss einbezogen werden, ob in der Beschwerde relevante Argumente vorgebracht werden.

Für das Bundesverwaltungsgericht war dies in der Causa der beiden Afghaninnen nicht der Fall. Die Revisionswerberinnen hätten in den Beschwerden "kein neues bzw. kein ausreichend konkretes Tatsachenvorbringen hinsichtlich allfälliger sonstiger Fluchtgründe" erstattet. Durch eine mündliche Erörterung sei also keine weitere Klärung der Rechtssache zu erwarten gewesen.

Der VwGH sieht das anderes. Konkret wurden im ablehnenden Asyl-Entscheid zweifelhafte Ortsangaben angeprangert. Da im Antrag auf öffentliche Verhandlung aber sehr wohl Gründe dafür angegeben wurden - etwa eine Kopfverletzung der Antragstellerin, die zu Vergesslichkeit führt, sieht der VwGH das Recht auf eine Verhandlung gegeben.

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Auch teilt der Verwaltungsgerichtshof die Auffassung des Bundesverwaltungsgerichts nicht, wonach davon auszugehen sei, dass ein Asylwerber stets alles, was zur Asylgewährung führen könnte, bereits bei der Erstbefragung vorbringe. Konkret hatte das Bundesverwaltungsgericht nämlich gemeint, gerade eine Person, die aus Furcht vor Verfolgung ihren Herkunftsstaat verlasse, werde wohl schon in der ersten Vernehmung auf konkrete Befragung zu ihrer Flucht kaum die gebotene Möglichkeit ungenützt lassen, die genauen Umstände und Gründe ihrer Flucht in umfassender und in sich konsistenter Weise darzulegen, um den beantragten Schutz vor Verfolgung möglichst rasch erhalten zu können.

Im Übrigen sah der Verwaltungsgerichtshof den von der Verwaltungsbehörde ermittelten Sachverhalt auch noch als ergänzungsbedürftig an. Hier geht es darum, dass nach Einschätzung des Bundesverwaltungsgerichts die Asylwerberinnen keinen westlichen Lebensstil pflegten und daher auch aus diesem Grund keine Gefahr in Afghanistan drohe. Der VwGH meint dazu sinngemäß, es hätte geprüft werden müssen, ob sich der Lebensstil seit der Erstbefragung nicht so weit verwestlicht hat, dass sehr wohl ein Verfolgungsgrund vorliegt. (APA, 28.6.2014)