Hoch über dem Kvarner, diesem nordöstlichsten Zipfel der Adria mit dem immer prächtiger herpolierten k. u. k. Flair, liegt in wildromantischer Gebirgslandschaft das Draga di Lovrana. Fast möchte man sich angesichts des stattlichen Jahrhunderwende-Gasthofs am Semmering oder der Rax wähnen - wenn weit unten nicht das Meer blitzen würde. Dabei war das Haus bis vor wenigen Jahren eine Ruine, die jetzigen Besitzer bauten es nach Originalplänen von 1909 wieder auf und machten es zur vielleicht tollsten Adresse für Fisch und Meeresfrüchte an der Ostküste Istriens. Das liegt auch daran, dass die Betreiber im Brotberuf vier Fischerboote bis hinunter nach Dubrovnik laufen haben und das Beste stets fürs eigene Wirtshaus reservieren.
Und einen richtig guten Küchenchef haben sie mit Zdravko Tomsic auch an der Angel. Was soll man sagen: Schon die hausgeräucherte Orade mit Zitronen-Orangen-Olivenöl-Emulsion zum Auftakt ist nicht anders als grandios, der Skampirisotto gerät - für Kroatien immer noch beachtlich -, wie es sich gehört, all'onda und hat genau den richtigen Biss, der verwendete Krustentierfond ist prägnant, ohne aufdringlich zu sein. Unter die gegrillten Skampi aus dem Kvarner schummeln sich nicht, wie andernorts um diese Zeit, auch ein paar allzu weiche, weil frisch gehäutete Exemplare, der Weinkeller ist fantastisch - kurz: Höchste Empfehlung für den nächsten Adria-Trip. Trotz der kurvenreichen Anfahrt! (corti, Der Standard, 28.6.2014)