In der Regierung haben sich alle ganz toll lieb. Ein Jahr nach der Regierungsbeteiligung stehen die Salzburger Grünen inhaltlich mit leeren Händen da, und die SPÖ ist immer noch nicht in der Opposition angekommen.
Das Bild hatte Symbolcharakter: Mitte Juni lud die Salzburger SPÖ die lokalen Medienvertreter zum Brathendlessen in das Salzburger Traditionsgasthaus Krimplstätter. Der Abend sollte – quasi als Zeichen neuer oppositioneller Bescheidenheit – das über Jahrzehnte legendäre Martini-Gansl der Sozialdemokraten ersetzen. Es wurde wirklich ein Zeichen der Bescheidenheit: Während einst zu Martini machtbewusste SPÖ-Granden wie etwas Othmar Raus regelrecht Hof gehalten hatten und es sich kein lokaler Ressortleiter wirklich leisten konnte, an diesem Abend nicht anzutanzen, mussten sich SPÖ-Landesparteivorsitzender Walter Steidl und Parteisekretär Felix Müller mit deutlich geringerem Journalisteninteresse begnügen.
Es reichte gerade noch so weit, dass jede Redaktion zumindest einen Vertreter, eine Vertreterin entsandt hatte. Das Defilee der lokalen Journaille ist nach dem Ausscheiden aus der Regierung Geschichte. Steidl und Müller ist ihr Bedeutungsverlust wohl bewusst. Jetzt gibt es eben nur mehr das proletarische Hendl – wenn auch in Form von Toni Hubmanns artgerecht gehaltenen, glücklichen Junghähnen – statt der mondänen Gans.
Pest & Cholera
Inhaltlich präsentierte Steidl den etwa 20 Journalisten und Journalistinnen einen "Erfolg" der Sozialdemokratie. Es sei mit der Drohung, eine Volksbefragung zu initiieren, gelungen, den von der schwarz-grün-gelben Landesregierung geplanten Verkauf der Wohnbaudarlehen an Banken und Investoren zu verhindern. Tatsächlich hat ja die Landesregierung diesen Verkauf lange Zeit vorbereitet, um Geld in die marode Landeskasse zu spülen. Erst Anfang Juni hat sie den schon weit fortgeschrittenen Deal dann kurzerhand abgeblasen. Stattdessen sollen nun einfach Rückflüsse aus den an geförderte Salzburger vergebenen Darlehen direkt ins Budget fließen und nicht mehr für den Wohnbau verwendet werden.
Es blieb der Gewerkschaft Bau-Holz vorbehalten, darauf hinzuweisen, dass damit die Mittel zweckwidrig verwendet würden. Keine Rede von "Erfolg", sagt die Gewerkschaft. Und es war die Gewerkschaft Bau-Holz, die vorrechnete, dass so die Wohnbaumittel real halbiert würden. Ob die Salzburger Landesregierung die Wohnbaudarlehen verkauft oder die Rückflüsse zum Schuldenabbau einsetzt, ist wie "Pest oder Cholera“, sagt Gewerkschaftssekretär Andreas Huss. Die SPÖ blieb stumm.
Grüne Legenden
Dass die ÖVP den Verkauf fürs Erste verschoben hat, liegt vor allem an der Stimmung im Land: Umfragen erbrachten eine deutliche Ablehnung. Dazu kamen wenig erfreuliche Rechtsgutachten und die Drohung der rot-blauen Opposition, eine Volksbefragung zu erzwingen. Jetzt leitet man das Geld einfach direkt um, das ist weniger emotional besetzt als der Verkauf von Familiensilber. Auch in den Reihen des grünen Koalitionspartners hatte wohl der eine oder andere "Basiswappler" (© Karl Öllinger/Thomas Maurer) Bauchweh mit den Verkaufsplänen, im Zweifelsfall hätte die Führungsspitze das aber wohl auf einer Landesversammlung mit dem Hinweis auf die Koalitionsdisziplin durchdrücken können. Dass die Grünen den Verkauf verhindert hätten, gehört jetzt schon ins Reich der Mythen.
Solche Legenden haben die Grünen bitter nötig. Denn bei Licht betrachtet stehen sie auch nach einem Jahr Regierungsbeteiligung zwar mit jeder Menge Ressourcen da – Parteiförderung sowie Manpower und Infrastruktur von gleich drei Regierungsbüros –, inhaltlich aber haben die Grünen so gut wie nichts zuwege gebracht. Statt der vielbeschworenen grünen Handschrift hat man sich selbst in den Kernfeldern grüner Politik zahlreiche Pleiten geleistet. Es klingt wie ein Treppenwitz, aber ausgerechnet im Zuge der ersten grünen Regierungsbeteiligung wird die Salzburger Parkgaragengesellschaft (das Land Salzburg ist zu 40 Prozent Miteigentümerin) die Garage im Mönchsberg mitten im Stadtzentrum auf rund 2.000 Stellplätze aufstocken. Kostenpunkt: 24 Millionen Euro oder mehr.
Kultur und Umwelt
In der freien und autonomen Kulturszene haben die Grünen auch keine Freunde mehr. Anstatt sich für die ehemals Verbündeten starkzumachen, kündigt Kulturressortchef Heinrich Schellhorn – nachdem Landeshauptmann Wilfried Haslauer schon vorher eine diesbezügliche Zusage gemacht hatte – an, den Subvention für die Salzburger Festspiele um saftige 500.000 Euro hinaufzusetzen. Aus dem Kulturbudget, trotz rigorosen Sparkurses.
Auch die einst so strahlende Frontfrau der Grünen, Astrid Rössler, hat stark an Glanz verloren. Ihr bisher einziger "Erfolg" ist, dass auf dem Teilstück der Westautobahn im Salzburger Stadtgebiet Ende des Jahres bei zu hoher Schadstoffkonzentration Tempo 80 gelten wird. Darauf hatten sich freilich Landeshauptmann Haslauer und Bürgermeister Heinz Schaden (SPÖ) bereits festgelegt – lange vor dem Testbetrieb für Tempo 80 im Frühling dieses Jahres. Und beim erklärten Ziel Rösslers, die 380-Kv-Freileitung durch Salzburg zu verhindern, stehen die Dinge auch nicht gerade auf Erfolg. Das Landesgutachten bescheinigt der Leitung jedenfalls, im "öffentlichen Interesse" zu sein. Übrigens aus "klimapolitischen" Notwendigkeiten und aufgrund der Anforderungen, die die erneuerbaren Energieträger stellen.
Grüner Regierungssprecher
Bei den diversen Bilanzen zu einem Jahr Schwarz-Grün-Stronach in der Salzburger Landesregierung Mitte Juni standen solche Themen naturgemäß nicht im Fokus. Auch nicht bei der ÖVP. Dort betont man am allerliebsten, wie harmonisch es sich "im neuen Stil" der Landesregierung arbeiten lässt. Den koalitionären Kuschelkurs tragen die Grünen mit so großer Begeisterung mit, dass der grüne Landtagsklubobmann Cyriak Schwaighofer von der Opposition inzwischen den Spitznamen "Regierungssprecher" bekommen hat. Tatsächlich tritt Schwaighofer mehrheitlich als Rechtfertiger der Regierungsarbeit auf; Landtagsinitiativen der Grünen sind Mangelware.
Die ÖVP genießt und schweigt. Ihr kommen die neuen Verhältnisse sehr zupass. Nur selten rutscht irgendeinem unvorsichtigen Parteisekretär die Genugtuung über den wiedergewonnenen Handlungsspielraum im Land heraus. Zuletzt in einem Inserat anlässlich eines Jahrs Schwarz-Grün-Stronach, wo es kurz und knackig geheißen hat: "Salzburger Volkspartei dominierende Kraft." (Thomas Neuhold, 30.6.2014, derStandard.at)