Moskau - Russlands Präsident Wladimir Putin hat das Verhalten der westlichen Staaten in der Ukraine-Krise scharf kritisiert. In einer diplomatischen Grundsatzrede warf Putin dem Westen am Dienstag in Moskau vor, die gesamte Region destabilisieren zu wollen.
Er verglich die Lage in der Ukraine mit jener im Irak, in Libyen und in Syrien, die aufgrund "externer Interventionen" am Rand des Zerfalls stünden.
Schutz für Auslandsrussen
Der russische Präsident betonte, dass Moskau sich weiterhin dafür einsetzen werde, Russen im Ausland mit politischen, wirtschaftlichen und humanitären Mitteln zu schützen.
Putin attackierte auch die Führung der Ukraine. So sei es Russland und den europäischen Staaten am gestrigen Montag nicht gelungen, den ukrainischen Präsidenten Petro Poroschenko "vom Weg der Gewalt" abzubringen, sagte Putin mit Blick auf das Ende der Waffenruhe in der Ostukraine. Kiew warf er weiters Erpressung in den Gasverhandlungen mit Moskau vor.
Am Dienstag haben Truppen der ukrainischen Armee und paramilitärische Einheiten ihren Kampf gegen die prorussischen Separatisten im Osten des Landes wieder intensiviert. "Wir werden angreifen und unser Land befreien", erklärte Präsident Petro Poroschenko am Dienstag in Kiew. Nach Angaben von Parlamentspräsident Oleksander Turtschynow wurden Straßensperren und Stellungen der Rebellen attackiert.
Poroschenko meldet Erfolge
Armee und Grenzschützer hätten in der Region Lugansk einen bisher von prorussischen Kämpfern kontrollierten Posten an der Grenze zu Russland zurückerobert, erklärte Poroschenko am Dienstagnachmittag.
Slawjansk unter Beschuss
In der Umgebung der Separatistenhochburg Slawjansk war Artilleriefeuer zu hören. Während die Moskauer Regierung erneut forderte, die Feuerpause zu verlängern, vertagte die EU die Entscheidung über Wirtschaftssanktionen gegen Russland. Der Westen wirft dem russischen Präsidenten Wladimir Putin vor, die Separatisten zu unterstützen und die Ukraine destabilisieren zu wollen.
"Die Entscheidung, die Waffenruhe nicht zu verlängern, ist unsere Antwort an Terroristen, Militante und marodierende Banden", sagte Poroschenko in einer TV-Ansprache. "Wir müssen zusammenstehen, denn wir kämpfen darum, unser Land von Schmutz und Parasiten zu befreien." Die Chance auf die Umsetzung seines Friedensplans sei durch kriminelle Handlungen der prorussischen Separatisten zunichtegemacht worden.
Merkel und Hollande wollten Verlängerung
Noch am Wochenende hatten Bundeskanzlerin Angela Merkel und Frankreichs Präsident François Hollande an Poroschenko appelliert, die Waffenruhe zu verlängern, die am Montagabend ausgelaufen ist. Diese Forderung bekräftigte am Dienstag der russische Parlamentspräsident Sergej Naryschkin: "Wir glauben, dass es ohne eine Waffenruhe, ohne den Start von Gesprächen, einfach unmöglich sein wird, den Frieden wiederherzustellen."
Poroschenko erklärte, er sei jederzeit zu einer erneuten Feuerpause bereit, wenn alle Seiten bereit seien, seinen Friedensplan zu erfüllen. Dazu gehöre die Freilassung aller Geiseln und eine effektive Grenzkontrolle. Die Ukraine wirft der Moskauer Regierung vor, den Nachschub für Separatisten von Russland aus über die gemeinsame Grenze zuzulassen. Russlands Außenminister Sergej Lawrow sagte dagegen, sein Land sei bereit, Kontrollen der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) im Grenzgebiet zuzulassen.
Keine neuen Sanktionen
Nach Angaben eines EU-Diplomaten haben die europäischen Regierungen darauf verzichtet, sofort neue Sanktionen gegen Russland zu beschließen. "Sie haben beschlossen, zunächst die Lage zu beobachten", sagte der Diplomat, dessen Aussagen von zwei anderen Insidern bestätigt wurden. Allerdings würden die Vorbereitungen für Sanktionen intensiviert. Deutschland ist nach den Worten von Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble bereit, weitere Strafmaßnahmen gegen Russland mitzutragen. "Man sollte unsere klare Position, dass wir an Partnerschaft und nicht an Sanktionen interessiert sind, nicht falsch verstehen", sagte er in Berlin. Auch Russland müsse sich an internationales Recht halten. (red, APA, Reuters, derStandard.at, 1.7.2014)