Gier sei "salonfähig" geworden, meint Kabarettist Roland Düringer (links).

Foto: standard/urban

Wien - Die Mitarbeiter der Oppositionsparteien blicken etwas säuerlich drein. Sie haben ihre Kisten, fotogerecht bedruckt, auf die Parlamentsrampe geschleppt, doch die Show spielt sich eine Etage tiefer ab. Der bärtige Mann, der da neben dem Denkmal der Pallas Athene von Kamerateams belagert wird, hat zwar weniger Gepäck mitgebracht, aber mehr Glamour.

Roland Düringer hat sich für den Auftritt im Hohen Haus nicht extra fein gemacht, er trägt ein olivfarbenes Hemd über einer Hose mit Pepitakaros, einen orangen und einen gelben Schuh. 15 Minuten darf der Schauspieler im Petitionsausschuss reden, weil die von ihm gepushte Initiative "Tatort Hypo" 49.583 Unterschriften für einen Untersuchungsausschuss zur Misere um die Hypo Alpe Adria gesammelt hat. Nach einer wilden Zettelwirtschaft schauen die herangekarrten Schachteln aus. Weil die Krone fleißig Unterstützungsformulare abgedruckt hat, sind viele herausgerissene Zeitungsseiten dabei.

System aus den Fugen geraten

"Ganz einfach" sei der Skandal im Kern zu erklären, sagt Düringer: "Wir alle bezahlen mit Steuergeld, und sehr wenige kriegen es." Doch statt sich lange mit der Hypo-Bewältigung aufzuhalten, will der Aktivist mit den Abgeordneten lieber über die Zukunft reden - und dabei über Grundsätzliches. Die Hypo sei ja nur ein einzelner Störfall "in einem aus den Fugen geratenen System", wo Geld gemacht wird, ohne etwas zu produzieren, und die Gier "salonfähig" sei, meint Düringer: Wer den größten Profit einfahre, "kriegt Ehrungen und Preise".

Einen kleineren Bogen spannen die Oppositionsparteien in der Säulenhalle des Parlaments, wo nüchterne, dunkle Sakkos dominieren. Für einen Systemwechsel brächten FPÖ, Grüne, Neos und Team Stronach wohl keine Einigung zustande, beim Nahziel hingegen sieht das anders aus. Rund 141.500 Unterstützer bietet die Allianz als Druckmittel für einen U-Ausschuss auf - was den Grünen Werner Kogler "sehr zuversichtlich" stimmt. Dass ein solches Aufklärungsgremium in Sachen Hypo nicht bereits längst existiere, sagt FPÖ-Mandatar Elmar Podgorschek, sei ein "Riesenskandal".

Unterschriften als Turbo

Die Koalition lässt das nicht auf sich sitzen. Der Opposition gehe es nur darum, "möglichst viel Wirbel zu schlagen", schimpft SPÖ-Abgeordneter Hermann Lipitsch, dabei sei die Reform des U-Ausschusses, die einer Minderheit im Nationalrat das Recht einräumen soll, einen solchen einzusetzen, längst "auf der Zielgeraden". Auch ÖVP-Mandatar Hermann Gahr will sich nicht ins Blockierereck drängen lassen. Er adelt die gesammelten Unterschriften zum "Turbo" für die Ausschussreform.

Auch Düringer rechnet mit einem U-Ausschuss, nur vermutet er als koalitionäres Motiv eher Bürgerberuhigung denn ehrliche Aufklärung. Den besten Eindruck nimmt der Kabarettist aus dem Parlament nicht mit, zumal dort "wenig Respekt" im Umgang herrsche: So hätten Abgeordnete während seiner Rede getratscht.

Dabei glaubt Düringer, dass es vielen Volksvertretern so gehe wie ihm: Sie könnten nicht wirklich beurteilen, ob nun eine Insolvenz oder eine andere Lösung das Richtige für die Hypo sei. Wenn nächste Woche das Sondergesetz für die Gläubigerbeteiligung beschlossen wird, sollten sich diese Abgeordneten ehrlicherweise enthalten, "statt wie die Wackeldackel mit dem Kopf zu nicken". (Gerald John, DER STANDARD, 1.7.2014)