Weil Doch WM ist und wir alle Südamerikaner, wird in der Laube des Lima-56-Gartens der Sender "Gol Mundial" aufgedreht.

Gerhard Wasserbauer

Der Spieß vom hauchdünn geschnittenen Rindsherz ist überhaupt eine Offenbarung.

Gerhard Wasserbauer

Peru spielt zwar nicht bei der WM, ist aber der Ursprungsort des Erdapfels und bis heute der Platz, wo dieser in unvergleichlicher Vielfalt genossen wird. Und auch sonst ist es das am Besten essende Land des amerikanischen Kontinents - Mexiko mit seinen fantastischen Marktküchen vielleicht ausgenommen. Wenn also just zur Fußball-WM ein peruanisches Restaurant mit lauschigissimo Hofgarten und original erhaltener Laube aufsperrt, wo natürlich promptest eine Leinwand samt Beamer für den hispanischen "Gol Mundial"-Fußballkanal installiert wird - dann lassen es sich auch die Chilenen, Argentinier, Uruguayos, Mexikaner, Costa-Ricaner und sonstigen Wiener aus den massiv qualifizierten Latino-Achtelfinal-Teilnehmerländern nicht nehmen, ihren Torjubel hier anzustimmen. Dementsprechend heißblütig geht es an den Spieltagen zu.

Ist auch wirklich eine zauberhafte Location, die der aus Lima gebürtige Marco Vera Bustamante da aufgetan hat. Das Lokal ließ er vom peruanischen Künstler Luis Casanova Sorolla ebenso schlicht wie stylish gestalten, der Garten blieb zum Glück unverändert.

Und das Essen? Immer mit der Ruhe, zuerst kommt einmal das Trinken dran. Schließlich ist Peru nicht nur für den Zuckerrohrschnaps Pisco berühmt, sondern auch für den Pisco Sour, einen gefährlich frischen Cocktail, der im Lima 56 ganz comme il faut mit Eiweiß aufgemixt wird - "sonst wird er einfach nicht so schaumig und cremig, wie er sein muss", sagt Vera Bustamante. Er muss es wissen, nicht nur, weil er Peruaner ist: Immerhin war der Mann jahrelang in der Eden-Bar für die Qualität der Drinks verantwortlich. Auch das Ottakringer wird hier in besonderer Manier gepflegt, kommen doch sämtliche Gläser, wie in Südamerika üblich, aus dem Tiefkühler. So bleibt der goldene Gärsaft länger kühl, außerdem löscht er das Gaumenfeuer, das durch die hausgerührte Rocoto-Chile-Sauce angefacht wird, um entscheidende Grade effektiver.

Ceviche und Rindsherz

Die ist auch ein Bestandteil des Ceviche, jenes peruanischen Nationalgerichts aus rohem Fisch, der in einer limettensauren Sauce "gegart" wird und in den Kreativrestaurants zwischen Oslo und Cádiz dieser Tage hoch im Kurs steht. So vielschichtig köstlich, so facettenreich gewürzt, wie es im Lima 56 serviert wird, mag man das sofort glauben. Das Gericht gehört allerdings trotzdem boykottiert - bis die Betreiber einen moralisch weniger belastenden Fisch als Victoriabarsch verwenden!

Papa à la Huancaina ist ein Salat aus dick geschnittenen, wunderbar speckigen Erdäpfeln, harten Eiern und Oliven in einer schillernd gewürzten Frischkäsesauce, fruchtig, pikant, erfrischend. Aber auch sonst zeigt Küchenchef Alejandro Martinez, dass er ein exzellentes Händchen für animierende Würzung hat. Arroz con Mariscos ist eine Art Reisfleisch von Meeresfrüchten, aufgegossen mit selbst angesetztem Krustentierfond, reichhaltig und gut. Der Spieß vom hauchdünn geschnittenen Rindsherz ist überhaupt eine Offenbarung, so fein, wie der gewürzt ist - da zeigt sich, wie vielfältig die Einflüsse der Pacific-Rim-Küchen sich verweben. Insgesamt jedenfalls ein deutlicher Innovationsschub für die lokale Latino-Szene - schmeckt uns mucho! (Severin Corti, Rondo, DER STANDARD, 4.7.2014)