Mit dem "Wundernetz" in ungeahnte eiskalte Tiefen: Teufelsrochen halten ihre Gehirne mit einem eigenen Organ warm.

Foto: Jorge Fontes

Boston/Wien - Wie tief können Lebewesen tauchen und wieder nach oben kommen? Die Bestleistung bei Menschen liegt ohne technische Hilfsmittel bei immerhin rund 100 Metern. Unter den Meeressäugern sind die Schnabelwale die Rekordhalter: Sie können über zwei Stunden unter Wasser sein und dabei Tiefen von bis zu 3000 Metern erreichen.

Haie und andere große Raubfische fallen dagegen etwas ab, zumindest nach allem, was man bisher weiß: Rekordhalter sind da die Walhaie, die größten heute lebenden Fische, mit knapp 2000 Metern. Von der Familie der Teufelsrochen, zu denen auch die Mantas zählen, nahm man bisher an, dass sie sich eher nur in geringen Tiefen aufhalten würden. Doch das war weit gefehlt, wie ein internationales Forscherteam um Simon Thorrold (Woods Hole Oceanographic Institution) herausfand.

Die Zoologen hatten insgesamt 15 Teufelsrochen der Art Mobula tarapacana mit Satellitensendern ausgestattet und die Tiere auf diese Weise südlich der portugiesischen Azoren bis zu neun Monate lang beobachtet. Die gewonnenen Daten zeigten, dass die majestätischen Fische mit einer Geschwindigkeit von rund 21 km/h bis zu 1800 Mater tief tauchen können - vermutlich um sich dort vollzufressen.

Für solche Tiefen sind allerdings spezielle Anpassungen nötig, denn in zwei Kilometern Tiefe ist das Meer unangenehme vier Grad Celsius kalt. Wie aber halten die Tiere ihre Körper und vor allem: ihr Gehirn warm? Das dürfte ein eigenes Organ namens Rete mirabile, auf Deutsch: Wundernetz, bewerkstelligen, das alle Wirbeltiere in den Nieren besitzen: Dabei verzweigt sich eine Arterie in viele kleinste Äderchen, und diese vereinigen sich dann wieder zu einer Arterie - statt wie üblich zu einer Vene.

Bisher war bekannt, dass solche Wundernetze im Schädel von tief tauchenden Tunfischen und Haien als Gegenstrom-Wärmeaustauscher der Thermoregulation dienen. Dank der so konservierten Wärme bleibt die Funktionstüchtigkeit des Gehirns und der Augen erhalten.

Bei Teufelsrochen hatte man das Organ zwar entdeckt, aber verkehrt gedeutet. "Wir dachten, dass das Schädel-Wundergeflecht das Gehirn kühlt statt wärmt, weil diese Rochen bekannt dafür sind, sich an der Oberfläche von tropischen Gewässern zu sonnen", geben die Forscher im Fachblatt "Nature Communications" zu und liefern gleich die neue Interpretation nach: Das Rete mirabile dient auch bei Teufelsrochen bei ihren tiefen Tauchgängen zur Durchlauferwärmung des Hirns.

Warum sich die majestätisch dahingleitenden Fische lange und gerne an der Wasseroberfläche aufhalten, erscheint nun auch in neuem Licht: Das Sonnenbaden dient wohl dazu, sich vor den Tieftauchgängen aufzuwärmen. (Klaus Taschwer, DER STANDARD, 2.7.2014)