Paris - Die französische Staatsanwaltschaft hat ein Ermittlungsverfahren gegen Ex-Präsident Nicolas Sarkozy wegen des Verdachts der Korruption und Einflussnahme auf die Justiz eröffnet. Der 59-Jährige soll versucht haben, sich Informationen aus einem laufenden Verfahren zu beschaffen, in dem es um mutmaßlich illegale Spenden für seinen Präsidentschaftswahlkampf 2007 geht. Dazu soll er einem leitenden Ermittler am Kassationshof eine Beförderung angeboten haben.
Gegen den Staatsanwalt sowie gegen Sarkozys Anwalt Thierry Herzog wurden am Mittwoch ebenfalls Ermittlungen eingeleitet. Sarkozy, der die Vorwürfe zurückweist, hatte sich zuvor 15 Stunden in Polizeigewahrsam befunden. Es war das erste Mal, dass ein ehemaliger französischer Staatschef von der Polizei festgesetzt wurde.
Einflussnahme auf die Justiz kann nach französischen Recht mit bis zu fünf Jahren Gefängnis bestraft werden, Bestechung mit bis zu zehn Jahren. Das Verfahren ist ein Dämpfer für Sarkozys Chancen auf ein Comeback bei der Präsidentenwahl in drei Jahren. 2012 unterlag der konservative Politiker dem Sozialisten Francois Hollande.
Anhänger vermuten Komplott gegen Sarkozy
Politische Verbündete Sarkozys erhoben schwere Vorwürfe gegen die Ermittler. So äußerte der Bürgermeister von Nizza, Christian Estrosi, Zweifel an deren Unbefangenheit. Zugleich warf er Hollande vor, "eine Atmosphäre des Hasses" geschaffen zu haben. Der Rechtsbeistand von Sarkozys Anwalt Herzog, Paul-Albert Iweins, sagte, dass die Ermittlungen einzig auf abgehörten Telefonaten basierten, deren Legalität er infrage stellen werde. Ministerpräsident Manuel Valls wies Spekulationen über ein Komplott gegen Sarkozy zurück.
Ein förmliches Ermittlungsverfahren kann in Frankreich nur dann eröffnet werden, wenn "schwerwiegende oder widerspruchsfreie Hinweise" auf die Verwicklung eines Verdächtigen in eine Straftat vorliegen. Konkret lautet der Vorwurf gegen Sarkozy auf illegale Einflussnahme, Korruption und auf Vorteilsnahme durch den Bruch amtlicher Geheimnisse.
Gaddafis Wahlkampfspenden
Es geht um seine Wahl zum Präsidenten vor sieben Jahren. Zwar wurde eine Untersuchung im vergangenen Oktober eingestellt, die dem Verdacht nachging, Sarkozy habe Frankreichs reichste Frau, die L'Oreal-Erbin Liliane Bettencourt, ausgenutzt, um seinen Wahlkampf zu finanzieren. Als Ermittler jedoch anderen Vorwürfen nachgingen, wonach auch Libyens früherer Machthaber Muammar al-Gaddafi den Wahlkampf finanziert haben soll, kam bei ihnen der Verdacht auf, Sarkozy könnte auf ein Informantennetz zurückgegriffen haben, um den Verlauf des Bettencourt-Falls zu steuern. Grundlage der Untersuchung sind Mitschnitte von Telefonaten. Sarkozy hat die Vorwürfe zurückgewiesen und das Vorgehen der Ermittler mit Stasi-Methoden verglichen.
Es laufen noch eine Reihe anderer Verfahren, die Sarkozy direkt oder indirekt betreffen. Viele seiner Anhänger fürchten, dass das seine Rückkehr auf die große politische Bühne verhindern könnte. Seine konservative UMP steckt seit der Niederlage gegen Hollande in einer Dauerkrise, im November will sie einen neuen Vorsitzenden wählen. Sarkozy hatte in der vergangenen Woche auf die Frage nach einem Comeback gesagt, er befinde sich noch "in einer Nachdenkphase". (Reuters, 2.7.2014)