Wien - Schon vor einem halben Jahrhundert waren sich die Lebenswissenschafter Europas einig, dass sie gemeinsam besser gegen die Konkurrenz in Übersee bestehen können. So gründeten sie 1964 die European Molecular Biology Organization (EMBO), um zehn Jahre später im Europäischen Laboratorium für Molekularbiologie (EMBL) miteinander zu forschen.

Anlässlich des 40- und 50-jährigen Bestehens der beiden Institutionen mit dem Hauptsitz in Heidelberg finden zahlreiche wissenschaftliche Konferenzen und Feierlichkeiten statt. Den Auftakt macht eine von den in Österreich forschenden EMBL-Alumni um Giulio Superti-Furga vom Zentrum für Molekulare Medizin (CeMM) in Wien organisierte Fachtagung in Wien (6. bis 8.7.).

Die Vorteile

Österreich gehörte zu den Gründungsmitgliedern der EMBO und des EMBL. "Die Idee war damals, dass alle Staaten Europas ihre Wissenschafter an das EMBL schicken, wo sie mit den besten Technologien forschen konnten und erstklassig ausgebildet wurden", erklärte der österreichische EMBL-Alumnus Lukas Huber, der derzeit an der Medizinischen Universität Innsbruck forscht. Die Forscher sollten das Wissen schließlich wieder in die Mutterländer zurückzubringen und so ein großes Netzwerk europäischer Wissenschaft generieren.

Davon würden damals wie heute viele österreichische Wissenschafter und Forschungsinstitute profitieren. So wurde zum Beispiel bei der Gründung des Instituts für Molekulare Pathologie (IMP) in Wien das EMBL zum Vorbild genommen. "Man hat gemerkt, dass hier dieselbe Grundstruktur herrscht, nämlich wie die wissenschaftliche Arbeit organisiert ist, und dass junge Leute mit viel Freiraum, Vertrauen und Geld ausgestattet werden, was auch zum Erfolgsrezept des IMP wurde", meint Huber, der nach dem EMBL und der Universität Genf am Wiener IMP als Gruppenleiter arbeitete.

Der wohl größte Erfolg in der 40-jährigen EMBL-Geschichte ist der 1995 an Christiane Nüsslein-Volhard und Eric Wieschaus verliehene Medizin-Nobelpreis. Die beiden Forscher hatten in Heidelberg die Entwicklung von Fruchtfliegen systematisch mit genetischen Methoden verfolgt und verschiedene Erbanlagen entdeckt, die in der Embryonalentwicklung wichtig sind.

Historische Entwicklung

Das EMBL wurde 1974 von neun europäischen Ländern und Israel gegründet. Prominente Wissenschafter wie die Nobelpreisträger James Watson und John Kendrew hatten den Schulterschluss der europäischen Forscher angeregt, um in Europa ein Gegengewicht zur US-Dominanz in der Molekularbiologie herzustellen. Kendrew wurde auch der erste Generaldirektor des EMBL, diese Stellung hat heute der Schotte Iain Mattaj inne.

Heuer kam mit der Tschechischen Republik das 21. Mitgliedsland dazu, außerdem sind Argentinien und Australien assoziierte Mitglieder. Diese 23 Länder sorgen für die großzügige finanzielle Ausstattung des Molekularbiologielabors (181 Millionen Euro im Jahr 2012, von denen Österreich 2,2 Prozent beisteuerte).

Neben dem ursprünglichen Forschungszentrum in Heidelberg hat das EMBL mittlerweile Außenstellen für Bioinformatik in Hinxton (England), Strukturbiologie in Grenoble (Frankreich) und Hamburg (Deutschland) sowie Mausforschung in Monterotondo bei Rom (Italien). Laut EMBL forschen hier insgesamt 1.400 Wissenschafter aus 60 Nationen in etwa 85 Gruppen. Aktuell kommen 25 EMBL-Mitarbeiter aus Österreich, erklärte Sprecherin Sonia Furtado Neves.

EMBO

Die europäische Molekularbiologie-Organisation (EMBO) wurde bereits zehn Jahre früher gegründet, unter anderem um das gemeinsame Labor zu realisieren. Auch hier war Österreich von Anfang an dabei. Heute vergibt sie etwa wichtige Stipendien für Nachwuchsforscher, veranstaltet Fortbildungskurse etwa für Wissenschafter und Lehrer und gibt vier Wissenschaftszeitschriften heraus. (APA/red, derStandard.at, 2. 7. 2014)