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Foto: AP / Kirsty Wigglesworth

Als sich Verteidiger Per Mertesacker nach aufreibendem 120-Minuten-Kick (gegen Algerien) einem Mikro stellte, hätte er sicher einen Stuhl als Rettung empfunden. Der Reporter bot dem Verschwitzen indes fragend Unzufriedenheit an ("Was hat das Spiel der Deutschen so schwerfällig gemacht?").

Des Müden Antworten – eingeleitet mit "Ist mir wurst! Wir sind unter den letzten acht" – konnten zwar (ob guter Deutschkenntnisse) nicht mit der alten Wutrede von Trapattoni ("Ich habe fertig!") mithalten. Sie dürften jedoch – einem schönen Tor gleich – Mertes acker ein Stückchen Unsterblichkeit bescheren.

Ein Selbstkontrolleur wurde ja angesichts von Gnadenlosigkeit Mensch: "Dass man sich noch steigern müsse, dürfte auch Ihnen klar sein, Herr Mertesacker! Warum hat es in der Defensive und im Umschaltspiel nicht gut geklappt? Glaube Sie, dass jetzt dieser ,Wow‘-Effekt kommt, dass es auch spielerisch besser wird?"

Mertesacker ertrug es mit traurigem Blick in die Ferne; es meldeten sich aber Selbsterhaltungstrieb und Würde: "Was wollen Sie von mir? So kurz nach dem Spiel! Kann ich nicht verstehen! Glauben Sie, unter den sechzehn Teams ist eine Karnevalstruppe? Die Algerier haben uns das richtig schwer gemacht! Was wollen Sie? Eine erfolgreiche WM? Sollen wir ausscheiden wie letztes Mal?"

Eines Tages wird Mertes acker dankbar sein und darüber lachen. Vielleicht wird er sich mit jenem, der ihn zum Teil der edlen Tafelrunde der Ausraster werden ließ, sogar anfreunden. Vor dem freitägigen Frankreich-Spiel sollte ihn sein Trainer jedoch bitten, das Reportergesicht in die Eistruhe des Vergessens zu legen. Sonst gibt es im Match gleich eine Rote. (Ljubiša Tošić, DER STANDARD, 4.7.2014)