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Fast 10.000 Kandidaten traten am Freitag zu den Aufnahmetests für Humanmedizin an einer österreichischen Uni an.

Foto: apa

Linz – Die Schlange beginnt vor dem Haupteingang des Keplergebäudes, führt über die Stiege ins Zwischenstockwerk bis zu einer noch verschlossenen Glasschiebetüre. Hunderte junge Frauen und Männer stellen sich an, geredet wird kaum, zu groß ist die Nervosität. Punkt acht Uhr wird die Tür zur Seite geschoben, die Registrierung für den Aufnahmetest für Humanmedizin an der Johannes-Kepler-Universität (JKU) in Linz beginnt.

An Stehtischen wartet bereits das Uni-Personal, um die 342 angemeldeten Kandidaten per Computer zu erfassen. An die 250 sind dann doch nur zu diesem "besonderen Tag" erschienen, wie Rektor Richard Hagelauer später im Hörsaal zur Begrüßung meint. Auch für ihn sowie für die JKU sei es ein "geschichtsträchtiges Ereignis": "Seit 110 Jahren wird in Oberösterreich über eine Medizin-Uni diskutiert", mit diesem Herbstsemester starten nun die ersten 60 Studenten an der neuen Med-Fakultät. Daher "geben Sie Ihr Bestes. Sie werden Pioniere sein, Sie gehen in die Geschichte der Johannes-Kepler-Universität ein". Die Begrüßungsworte des Rektors machen so machen Kandidaten eher noch etwas aufgeregter.

Kurse zur Vorbereitung

Zwei Monate hat sich Bianca auf diesen "besonderen Tag" vorbereitet. Neben der Matura hat sich noch Physik-, Chemie- und Biologiebücher durchgeackert und Vorbereitungskurse besucht. Den ersten bereits in den Osterferien. Der oberösterreichische Spitalsbetreiber Gespag bot eine Zweitagesschulung an, in der gezielt auf den Multiple-Choice-Test hingearbeitet wurde. Für Bianca kostete der Kurs, weil sie Oberösterreicherin ist, nur die Hälfte, nämlich 90 Euro. Zur Sicherheit hat sie dann auch noch im WIFI einen Kurs gebucht. Acht Abende zu je drei Stunden für, wie sie sich zu erinnern meint, 150 Euro. Denn auch wenn es kitschig klingen mag, Bianca hat nur einen Berufswunsch: "Schon mit drei  Jahren habe ich gesagt, ich werde Doktor."

Ganz so zielstrebig ist die gelernte Krankenschwester, die lieber anonym bleiben möchte, nicht. Sie möchte sich weiterbilden und bewerbe sich deshalb um einen Medizinstudienplatz. Allerdings nur, weil das jetzt in Linz möglich ist. Im Gegensatz zu Bianca hätte sie den Test an keiner anderen Uni gemacht. Aber auch Bianca meint, dass es für sie, die im Mühlviertel wohnt, "einfach praktisch ist", in Linz studieren zu können. Außerdem sei der Bewerberschlüssel an der JKU günstiger. Auf einen Platz kommen vier Anwärter, in Graz hingegen gleich acht. Zudem geht sie, sollte sie in Linz einen Studienplatz erhalten, ohnehin die ersten zwei Jahre an die Uni Graz, mit der die JKU kooperiert. Dort muss nämlich die vorklinische Ausbildung absolviert werden, erst dann geht es zum Studium zurück in die Heimatstadt.

268 Testminuten

Doch so weit mag sie jetzt noch gar nicht denken, erst einmal gilt es, die 268 Testminuten so gut es geht zu bewältigen. Außer einer durchsichtigen Trinkflasche und einem schwarzen oder blauen Stift dürfen die Kandidaten nichts mit in einen der vier Hörsäle nehmen. Wer wohin muss, ist an den Bänderfarben um die Handgelenke ersichtlich.

"Chemie war ein reines Ratespiel, der Rest ging", beschreibt ein Zivildiener nach der ersten Testetappe sein Gefühl. Steffi war "überrascht", trotz Vorbereitungskursen "ist alles ganz anders gewesen". Viel Zeit koste vor allem das Formale. So müssen die richtigen Antworten nicht nur auf dem Fragebogen angekreuzt, sondern anschließend auch auf einen Antwortbogen übertragen werden. Denn nur der wird korrigiert. Wer allerdings statt eines Kreuzes einen Haken macht oder vergisst, den Bogen zu unterschreiben, hat "schon verloren", sagt Steffi. Dann wird der Bogen nämlich für ungültig erklärt. "Das war aber bei der Zentralmatura in Englisch auch schon so", erklärt die 19-Jährige.

Bevor die kognitiven Fähigkeiten und das akademisches Denken abgeprüft wird, geht sie  sich wie alle anderen Mitbewerber erst einmal stärken. Hinaus ins Freie auf den Uni-Campus oder in die Mensa - um den Kopf frei zu bekommen, schließlich werden nur die besten 60 in Linz genommen. Spätestens am 22. August steht fest, wer zum Herbstsemester 2014/15 an der Medizinfakultät in Linz inskribieren kann. "Daumen drücken", meint Bianca nur. (Kerstin Scheller, derStandard.at, 4.7.2014)