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Tim Krul kam in der 121. Minute auf das Feld, um den Niederlanden den Tag zu retten.

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Holland war in höchster Not, doch dann kam Tim Krul. Der extra für das Drama vom Punkt eingewechselte Torwart hat die Niederlande gegen Favoritenschreck Costa Rica mit Paraden gegen Bryan Ruiz und Michael Umana zu einem 4:3-Sieg im Elfmeterschießen geführt und im letzten Viertelfinale vor einer Blamage bewahrt. Nach 120 Minuten hatte es 0:0 gestanden.

Während die Stars Robin van Persie, Arjen Robben, Wesley Sneijder und Dirk Kuyt für Oranje verwandelten, versagten ausgerechnet Umana beim entscheidenden Schuss die Nerven. Im Achtelfinale hatte er im Elfmeterschießen gegen Griechenland noch den entscheidenden Schuss verwandelt. Mit der Einwechslung von Krul durfte sich erneut auch Bondscoach Louis van Gaal als direkt beteiligter Sieger fühlen.

Das Oranje-Team bekommt am kommenden Mittwoch in der Runde der letzten Vier gegen Argentinien und Weltstar Lionel Messi die Chance, zum zweiten Mal nacheinander und zum insgesamt vierten Mal in ein WM-Finale einzuziehen. Es ist gleichzeitig die Neuauflage des Endspiels von 1978, das die Gauchos 3:1 gewannen.

Knapp an Sensation vorbei

Costa Rica verpasste dagegen trotz eines erneut überragenden Torwarts Keylor Navas die nächste Sensation. Dennoch darf die Elf von Trainer Jorge Luis Pinto, deren Viertelfinal-Einzug die größte Überraschung bei dieser WM-Endrunde war, voller Stolz in die Heimat zurückkehren.

Das wusste auch Navas: "Natürlich sind wir enttäuscht, aber wir können hoch erhobenen Hauptes den Platz verlassen." Auch Trainer Jorge Luis Pinto war stolz und sprach von einem "brillanten Spiel meiner Mannschaft. Wir waren großartig. Am Ende hat uns nur etwas das Glück gefehlt."

Glücklicher Glücksgriff

Matchwinner Krul, Schlussmann von Newcastle United, konnte sein Glück kaum fassen: "Auf der Bank war es ganz schlimm, mit ansehen zu müssen, wie wir Chance um Chance vergeben haben. Dann halte ich zwei Elfmeter - das ist ein Jungendtraum, der wahr geworden ist."

In Salvador da Bahia, wo Holland die bislang so erfolgreiche WM-Reise mit dem famosen 5:1 gegen Titelverteidiger Spanien begonnen hatte, tat sich das Oranje-Team gegen den Außenseiter 120 Minuten lang enorm schwer. Van Gaal ließ erstmals von Beginn an mit drei Spitzen spielen, also so, wie die Elftal in der Schlussphase des Achtelfinals gegen Mexiko (2:1) noch das frühe WM-Aus verhindert hatte.

Niederländer offensiver als bisher

Memphis Depay lief als dritter Stürmer neben Arjen Robben und Robin van Persie auf. Doch die Offensive fand trotz hohen Ballbesitzanteils zunächst kaum ins Spiel gegen die tief stehende Fünferkette der Costa Ricaner.

Niemand fand eine Lücke, aber auch auf der Gegenseite versandeten die wenigen Gegenstöße der Ticos. In der 22. Minute wäre beinahe mit der ersten Chance das 1:0 für die Elftal gefallen. Van Persie und Wesley Sneijder scheiterten bei ihrer Doppelchance an Navas. Später war der Schlussmann von UD Levante, der wohl nicht mehr lange beim spanischen Mittelklasse-Klub spielen wird, auch gegen Depay (29.) und bei einem Freistoß von Sneijder (39.) zur Stelle.

Costa Rica: Sicherheit zuerst

Nach der Pause blieben die Ticos in der Defensive hoch konzentriert, nahmen aber auch in Kauf, dass sie kaum mal vor das Tor des Topfavoriten kamen. In der 60. Minute tauchte Joel Campbell mal wieder im niederländischen Strafraum auf, nach einem leichten Schubser von Bruno Martins Indi blieb der Pfiff von WM-Rekordschiedsrichter Ravshan Irmatow (Usbekistan, 9. WM-Einsatz der Karriere) aber aus.

Auf der Gegenseite mühte sich bei den Offensivaktionen der Niederlande vor allem Robben, doch die Defensive der Ticos gab sich einfach keine Blöße. Und sie hatte auch Glück: In der 82. Minute zirkelte Sneijder einen Freistoß vom Strafraumeck gegen den Pfosten.

Turbulenter Schluss

Es war der Auftakt einer turbulenten Schlussphase in der regulären Spielzeit. Zwei Minuten später entschärfte wieder Navas mit einer Klasseparade einen Schuss von van Persie. Der Stürmerstar von Manchester United sah in der 89. Minute schlecht aus, als er freistehend vor Navas neben den Ball trat. Und es wurde noch knapper: In der Nachspielzeit traf van Persie nur die Latte.

In der Verlängerung ging der Einbahnstraßenfußball weiter. Van Gaal wollte angesichts von Navas' Klasse das Elfmeterschießen unbedingt vermeiden und brachte in der Halbzeit in Klaas-Jan Huntelaar den zweiten Stoßstürmer. Der Schachzug brachte nichts, bei einer Riesenchance von Marcos Urena (117.) ging er sogar beinahe ins Auge - doch nachdem Sneijder in einem verrückten Endspurt noch die Latte getroffen hatte (119.), ging alles gut aus für Oranje und van Gaal.  (sid, 6.7.2014)

Fußball-WM 2014, Viertelfinale:

Niederlande - Costa Rica 0:0 (4:3. n.E.). Salvador, Arena Fonte Nova, 50.000, SR Irmatow (UZB)

Elfmeterschießen: 0:1 Borges trifft 1:1 Van Persie trifft 1:1 Ruiz vergibt (gehalten) 2:1 Robben trifft 2:2 Gonzalez trifft 3:2 Sneijder trifft 3:3 Bolanos trifft 4:3 Kuyt trifft 4:3 Umana vergibt (gehalten)

Niederlande: Cillessen (121. Krul) - De Vrij, Vlaar, Martins Indi (106. Huntelaar) - Kuyt, Wijnaldum, Sneijder, Blind - Robben, Van Persie, Depay (76. Lens)

Costa Rica: Navas - Gamboa (79. Myrie), Acosta, Gonzalez, Umana, Junior Diaz - Tejeda (97. Cubero), Borges - Campbell (66. Urena), Ruiz, Bolanos

Gelbe Karten: Martins Indi, Huntelaar bzw. Junior Diaz, Umana, Gonzalez (im nächsten Spiel gesperrt), Acosta