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Dass nun Ruhe einkehren wird, daran glaubt niemand.

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Ukrainische Soldaten, aufgenommen in der Nähe der Stadt Dovgenke.

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Kiew/Brüssel - Nach wochenlangen verlustreichen Gefechten hat die ukrainische Armee am Samstag die Separatistenhochburg Slawjansk zurückerobert und die prorussischen Milizen aus dem benachbarten Kramatorsk vertrieben. Die Regierungstruppen haben die Rebellen mit einer großangelegten Offensive gezwungen, Stellungen entlang ihrer nördlichen Front zu räumen.

Die Eroberung von Slawjansk ist ein ganz entscheidender Sieg der Regierungstruppen, denn die Stadt war ein Zentrum des Aufstandes der prorussischen Separatisten. In den seit drei Monaten anhaltenden und nur von kurzen Feuerpausen unterbrochenen Kämpfen kamen mehr als 200 ukrainische Soldaten sowie hunderte Rebellen und Zivilisten ums Leben.

Das Video zeigt wie die ukrainische Flagge am Rathaus in Slawjansk angebracht wird.
Storyful, YouTube/Military TV Ukraine

Offensive wird fortgesetzt

Am Sonntag hat die ukrainische Armee zwei weitere Städte von den prorussischen Separatisten zurückerobert. Über Artemiwsk und Druschkiwka an der Straße zwischen Slawjansk und Donzek sei wieder die ukrainische Flagge gehisst worden, meldeten Verteidigungsminister Walerij Geletej und Generalstabschef Viktor Muschenko am Sonntag Präsident Petro Poroschenko.

Der ukrainische Präsident will nun die prorussischen Separatisten auch aus ihren anderen Rückzugsorten vertreiben: "Dies ist noch kein vollständiger Sieg", erklärte Petro Poroschenko. "Ich bin von Euphorie weit entfernt. Die Lage bleibt sehr kompliziert. Die Terroristen graben sich nun in den großen Städten ein", sagte der Staatschef in Kiew. Die Erfolge gäben ihm aber recht, dass er die Waffenruhe nicht verlängert habe. "Die Kämpfer haben die Feuerpause nicht unterstützt. Jetzt erhalten sie ihre verdiente Strafe dafür", so Poroschenko.

In die befreiten Orte sollten unverzüglich Brot, Wasser, Zucker und Fleisch gebracht werden, befahl der Präsident. "Außerdem sind bereits Arbeiter auf dem Weg, um die zerstörten Gebäude sowie Wasser- und Energieleitungen zu reparieren", betonte Poroschenko.

Das Video zeigt die Versorgung der Bevölkerung mit Nahrungsmitteln.
stadlerl

Russland fordert zu Verhandlungen auf

Eine neue Waffenruhe rückte in die Ferne. Nach massiven Angriffen der ukrainischen Armee auf Separatisten forderte Russland die Führung in Kiew mit Nachdruck zu Verhandlungen mit den Aufständischen auf. Es sei "zutiefst beunruhigend", dass die vereinbarten Gespräche mit den militanten Gruppen noch nicht stattgefunden hätten, sagte Außenminister Sergej Lawrow in einem Telefonat mit dem deutschen Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD). Bei einem Treffen müsse eine neue Waffenruhe in dem krisengeschüttelten Nachbarland vereinbart werden, betonte Lawrow einer Mitteilung des Außenministeriums in Moskau zufolge.

Amnestie gefordert

Geheimdienstchef Valentin Naliwajtschenko sprach sich für eine Amnestie in den zurückeroberten Städten aus. "Viele normale Bürger dort unterlagen der Propaganda der Separatisten. Sie sollten eine zweite Chance erhalten", unterstrich er in Kiew.

Die frühere US-Außenministerin Hillary Clinton hält es indes für geboten, den russischen Staatschef Wladimir Putin in die Schranken zu weisen. "Ich glaube, er kann gefährlich sein. Ein Mann wie Putin geht immer bis an die Grenzen", sagt sie der "Bild am Sonntag". Nötig sei eine "klare Botschaft" an den Kremlchef.

"Seine jüngste Aggression in der Ukraine" müsse mit einer gemeinsamen Reaktion des Westens beantwortet werden, forderte Clinton. "Wir können nicht zulassen, dass ein politischer Führer die Grenzen Europas nach dem Zweiten Weltkrieg neu zieht."

Keine dauerhafte Waffenruhe

Die Separatisten wollten bekanntlich eine Loslösung der östlichen Landesteile von der Ukraine und bekamen Aufwind nach dem Anschluss der Halbinsel Krim an Russland. Sie erklärten Teile der Ostukraine zu "unabhängigen Volksrepubliken".

Seit Monaten beherrscht der Ukraine-Konflikt die politische Tagesordnung in Europa. Eine proeuropäische Protestbewegung hatte im Februar zum Sturz des prorussischen Staatschefs Wiktor Janukowitsch geführt. Russland wird von westlichen Regierungen beschuldigt, mit der Annexion der Halbinsel Krim Völkerrecht gebrochen zu haben und die Separatisten im Osten des Landes im Kampf gegen die Regierung in Kiew zu unterstützen. Bemühungen um eine dauerhafte Waffenruhe sind bisher gescheitert. (APA, 6.7.2014)