Der Kampf um die militärische Kontrolle der Ostukraine könnte nach allen vorliegenden Informationen einer Entscheidung zutreiben. Die prorussischen Separatisten sind in die Defensive geraten - offensichtlich als Folge der Entschlossenheit des neuen Präsidenten Petro Poroschenko, der vor wenigen Tagen die Armeeführung ausgetauscht hat.

Die Separatisten wollten nach dem illegalen Abspaltungsreferendum die "Volksrepublik Donezk" mit militärischen Mitteln als Faktum etablieren. Das führte in weiten Gebieten der Ostukraine zu Anarchie und wuchernder Kriminalität. Ein Staat, der solches geschehen lässt, wird auch bei seinen stärksten Befürwortern unglaubwürdig. Poroschenko hatte keine Wahl, als die gewaltsame Herausforderung militärisch zu beantworten.

Offenbar wollte man auch in Moskau wissen, wie weit der gewählte ukrainische Präsident gehen würde. Nun fühlen sich die Rebellen im Osten nach eigenen Worten von Kreml-Chef Putin verraten. Und das könnte bedeuten, dass Russland die Sprache Poroschenkos versteht. Ob dies tatsächlich so ist, wird man schon bald sehen.

Der ukrainische Präsident wiederum weiß selbst am besten, dass ein militärischer Sieg über die Separatisten erst der Anfang eines langen Weges zur dauerhaften Befriedung des Landes ist. Der Weg ist lang, aber Poroschenkos Gegner im In- und im Ausland werden ihm die Zeit, die er braucht, nicht geben - zumindest nicht freiwillig. (Josef Kirchengast, DER STANDARD, 7.7.2014)