In Vorarlberg wird kaum noch Vieh aus dem benachbarten Ausland gesömmert. Die Angst vor Tbc sei übertrieben, sagen aber Tierärzte.

Foto: Heribert Corn

Bregenz - Das Vieh auf Vorarlberger Almen zu schicken war in grenznahen Schweizer Kantonen lange Tradition. Auf 33 Alpen, wie man in Vorarlberg die Almen nennt, verbrachten Tiere aus der Nachbarschaft den Sommer. Die Vorarlberger Alpbesitzer freuten sich über die Einnahmen, heuer schauen sie durch die Finger. Die Schweizer und Liechtensteiner kommen nicht mehr. 1500 Stück Vieh weniger werden in Vorarlberg gesömmert. Grund ist die Angst, die Tiere könnten sich in Vorarlberg mit Tbc anstecken.

Die gefürchtete Krankheit verbreitete sich aus dem Tiroler Lechtal ins Vorarlberger Klostertal und ins Montafon. Immer wieder müssen Höfe vorübergehend wegen der Seuche gesperrt werden. Aktuell sind zwei Höfe mit 45 Tieren, einer im Klostertal, einer in Bartholomäberg/Montafon, geschlossen. Das Klostertal und die Region Silbertal im Montafon gelten als Risikogebiet, hier ist der Rotwildbestand besonders hoch und damit die Gefahr einer Ansteckung der Nutztiere groß.

Im Krankheitsfall keine Entschädigung

Die Angst der Schweizer vor möglicher Ansteckung kann Landesveterinär Norbert Greber nicht nachvollziehen: "Die Befürchtungen sind übertrieben, schließlich ist nicht das ganze Land Risikogebiet." Im Vorjahr wurde das grenzüberschreitende Treffen der Amtstierärzte genutzt, um über Tbc und Gegenmaßnahmen zu informieren. Überzeugt dürfte das die Schweizer Veterinäre nicht haben. Sie empfahlen den Bauern, ihre Tiere daheim zu behalten. Schweizer Bauern, die Vieh dennoch über die Grenze bringen, bekommen im Krankheitsfall keine Entschädigung vom Staat, müssen Untersuchungen selbst bezahlen und Tiere in Quarantäne halten.

Der Bludenzer Amtstierarzt Markus Netzer nennt ein weiteres Motiv, das Vieh nicht mehr in die Vorarlberger Sommerfrische zu schicken: Die Schweiz bezahlt dafür keine Alpungsprämien mehr. Die Vorarlberger Landesregierung hat 2013 mit einem Maßnahmenkatalog reagiert. Schwerpunkt ist die Reduktion des Rotwildbestands. In Risikogebieten soll das Wild, das als Überträger der Krankheit gilt, um 40 Prozent reduziert werden. (Jutta Berger, Der Standard, 7.7.2014)