Claudia Michelsen und Sylvester Groth.

Foto: MDR

Es häufen sich Fernsehkrimis, bei denen es in und um öffentliche Verkehrsmittel herum zu tätlichen Angriffen kommt. Man weiß nicht recht, was das bezwecken soll: Appell an die Zivilcourage? Oder doch eher gesteigerter Nervenkitzel nach dem Motto: Es kann immer und überall passieren?

Letzteres darf beim "Polizeiruf 110: Abwärts" eher ausgeschlossen werden, denn wer hier in einem Linienbus erschlagen wurde, war kein Bürger wie du und ich, sondern der Polizei ebenso bekannt wie den Sozialarbeitern.

Peter Jordan taucht dann auch bald als maßgeblich beteiligter Sozialarbeiter auf. Worum es in weiterer Folge geht, hat mit Gewalt im öffentlichen Raum nur noch entfernt zu tun: Kriegstraumata und Eltern-Kind-Konflikte sowie daraus resultierende Schuldgefühle, Helferkomplexe und Verzweiflungstaten. Passend dazu hat Kommissarin Brasch (Claudia Michelsen) einen inhaftierten Neonazi-Sohn, der bei ihren Knastbesuchen eher vorwurfsvoll denn erfreut reagiert.

Das ist eine gut gemachte, spannende Studie über die Irrwege der menschlichen Psyche. Schön anzuschauen: der starke Peter Jordan, der eine Bahnunterführung in eine Theaterbühne verwandeln kann, und die authentisch-unprätentiöse Claudia Michelsen. Das Highlight aber: Sylvester Groth als ihr zwischen sozialer Inkompetenz und grober Unhöflichkeit changierender Kollege Drexler.

Der ist so unsympathisch kühl und starrköpfig, dass man ihn schon wieder mögen muss. Einmal ermahnt er seinen jungen Kollegen, er müsse doch nicht so "vor sich hin emotionalisieren". Ein weiser Ratschlag. Und ein "Polizeiruf", der beweist, dass es auch ohne geht. (Andrea Heinz, DER STANDARD, 7.7.2014)