Die Nase des Anstoßes.

Foto: Gelatin

Wie in echten Nasen werden sich auch in der Betonnase Rückstände sammeln, so Gelatin.

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Wien - "Alle Wachauer Nasen sind herzlich eingeladen", lautete der Aufruf des Kollektivs Gelatin im Oktober 2012. Im Wachauer Schloss Rossatz nahmen die vier Künstler Gipsabdrücke von den Nasen Freiwilliger aus der Gegend, um das ideale Modell für eine rund fünf Meter hohe Betonnase zu finden, die an der Donau-Fährstation Sankt Lorenz errichtet werden sollte.

Kommenden Samstag wird die "Wachauer Nase" am südlichen Donauufer bei Weißenkirchen offiziell präsentiert. Die Nasenlöcher sind begehbar und sollen bei Hochwasser bewusst "Schlamm atmen", schreiben die "Gelatin"-Mitglieder im Pressetext. "Die Wachauer Nase ist eine schöne Nase. Sie passt zu den Menschen, die hier leben. Sie passt auch zur Landschaft. Eine echte Wachauer Nase, also", heißt es weiter.

"Ekelerregende Pseudokunst"

Dort, "wo nach einigen Jahren kleine geduckte Büsche und Gräser in den Nasenlöchern wachsen, die wie Nasenhaare aus den Löchern lugen", sollen Anrainer und Besucher Picknicke im Nasenschatten veranstalten.

So einfühlsam stehen der Nase nicht alle gegenüber.

Der freiheitliche Kultursprecher für Niederösterreich etwa, Udo Landbauer, riecht einen Eklat: "Ein unnötiges Monstrum frei jeder Bedeutung und jeden Sinns. Sollte sich herausstellen, dass besagte Nase mit öffentlichen Geldern finanziert worden ist, dann wäre das ein waschechter Skandal", so Landbauer in einer Aussendung. Er habe eine entsprechende Anfrage an Landeshauptmann Pröll (ÖVP) gestellt.

Landbauer spricht in einschlägiger Diktion von "abnormem Kunstgeschmack", "Kulturunfug", "Schmutzkübel-Aktivisten" und einem "Beispiel für den Werteverfall bei der Pröll-VP, die offensichtlich kein Problem damit habe, ekelerregende Pseudokunst zu fördern".

"International bekannteste und erfolgreichste Künstler"

Die Unterstützung für das Projekt stammt aus "unterschiedlichen Töpfen", sagt eine Sprecherin des Amtes der niederösterreichischen Landesregierung gegenüber derStandard.at. Darunter sind etwa Beiträge der Gemeinde Rossatz-Arnsdorf, des Landes und der kulturtouristischen Initiative Wachau 2010plus. Ziel der Initiative sei es laut Projektblatt gewesen, "Künstler der Gegenwart analog zu den Wachaumalern für die Wachau zu begeistern". Stattgefunden habe das in enger Zusammenarbeit mit "Kunst im öffentlichen Raum Niederösterreich“ und dem Arbeitskreis Wachau.

Für das Projekt "Wachauer Nase" sei es gelungen, "die Arbeit einer der international bekanntesten und erfolgreichsten Künstlergruppen Österreichs in Rossatz zu errichten, die sicher weit über die Region hinaus künstlerische Anerkennung finden wird." Die Fachjuryentscheidung des geladenen Wettbewerbs fiel einstimmig für Gelatin aus.

Die Künstlergruppe machte bereits früher auf sich aufmerksam - unter anderem durch einen über fünf Jahre hinweg gestrickten Plüschhasen in den italienischen Alpen und den umstrittenen Brunnen vor dem Salzburger Rupertinum, der als Skulptur eines in seinen eigenen Mund urinierenden Mannes angelegt war. (Michael Matzenberger, derStandard.at, 7.7.2014)