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Gustl Mollath fühlt sich bei der Anwesenheit des Gutachters nicht wohl.

Foto: REUTERS/Michaela Rehle

Regensburg - Draußen vor dem Verhandlungssaal im Landgericht Regensburg stehen ein paar Männer, protestieren und hauen dabei einige Male so sehr auf die Pauke, dass man drinnen bei der Verhandlung die Ausführungen kaum verstehen kann. Es sind Männer, die sich Sträflingskleidung angezogen haben und die gegen das Wegsperren von Menschen in die Psychiatrie kämpfen.

Doch der Tumult hätte größer sein können beim Auftakt des Wiederaufnahmeprozesses gegen einen von Deutschlands prominentesten ehemaligen Psychiatrieinsassen, den 57 Jahre alten Gustl Mollath aus Nürnberg. Drinnen geht es weitaus freundlicher zu. Mollath, im schwarzen Jackett, will noch vor seinen Personalien sein dringendstes Anliegen loswerden: "Ich bitte darum, dass Herr Professor Nedopil als Gutachter den Raum verlässt."

Dann sagt er, dass er "keinen festen Wohnsitz" habe, aber man könne ihn über einen Freund erreichen. Mollath ist blitzwach, er will diesen Prozess wesentlich beeinflussen. Und er ist höflich – "Danke schön", sagt er zur Vorsitzenden Richterin Elke Escher, wenn er das Wort erhält.

Sieben Jahre Psychiatrie

Mollath war siebeneinhalb Jahre in der geschlossenen Psychiatrie weggesperrt worden – das Landgericht Nürnberg hatte ihn der schweren Körperverletzung an seiner damaligen Ehefrau Petra und der Sachbeschädigung für schuldig befunden – er soll Autoreifen von Gegnern im Scheidungskrieg zerstochen haben. Mollath wurde wegen Unzurechnungsfähigkeit freigesprochen, aber als angeblich wahnkrank und gemeingefährlich in die Gefängnispsychiatrie gesteckt.

Beim Prozess im August 2006 soll es, glaubt man Anwesenden, wenig gesittet zugegangen sein. Mollath wurde vom Richter niedergebrüllt, seine Schwarzgeldvorwürfe gegenüber der Exfrau konnte er nicht erläutern. Jetzt aber scheint sich Richterin Elke Escher um das Gegenteil zu bemühen: um ein transparentes Verfahren, höfliche Umgangsformen, einen freundlichen Ton.

Mollaths Anwalt Gerhard Strate kritisiert, dass die Exfrau und Nebenklägerin Petra M. nicht vor Gericht erscheint. Sie müsse die Unannehmlichkeit abwägen mit dem "Ungemach, das sie Herrn Mollath bereitet hat". Doch Petra M. kommt nicht, sie bleibt das große Rätsel in diesem Fall.

Ungelesene Dokumentationen

Die Anklage von damals, jetzt verlesen vom Oberstaatsanwalt Wolfgang Meindl, bleibt knapp: Von "mindestens 20 Schlägen mit beiden Fäusten auf den gesamten Körper" von Frau M. ist die Rede, von einem Biss in den Arm, Würgen und Tritten. Die Kennzeichen und Besitzer der Autos werden runtergerattert, deren Reifen Mollath zerstochen haben soll. Zeugen gibt es nicht.

Die Verteidigung beantragt, den psychiatrischen Gutachter Norbert Nedopil abzuberufen. Er selbst habe gesagt, so argumentiert Strate, dass 60 Prozent aller Gutachten fehlerhaft seien. Das Gericht lehnt ab, Nedopil bleibt im Gerichtssaal.

Für die nächsten Tage sind verschiedene Zeugen vorgesehen, das Urteil soll am 14. August fallen. Mollath und seine Verteidigung wollen mit neuen Zeugen auch die Schwarzgeldverschiebungen von Frau Mollath als damaliger Anlageberaterin der Hypo-Vereinsbank durchleuchten. Mollath habe dies vielfach beschrieben – doch seine Dokumentationen waren nicht einmal gelesen worden. Ob sich das Gericht darauf einlässt, ist noch offen. (Patrick Guyton aus Regensburg, DER STANDARD, 8.7.2014)