Bild nicht mehr verfügbar.

Recht komische Programmkombination beim Jazzfest Wien: Kitschorgie durch US-Gitarrist Al Di Meola, ...

FOTO: APA/HERBERT P. OCZERET

Bild nicht mehr verfügbar.

... soulige Energie mit Sänger Cody Chesnutt.

FOTO: APA/HERBERT P. OCZERET

Wien - Wenn ein souliger Performer einen Stahlhelm trägt, sind der Coolness seiner Bühnenerscheinung gewisse Grenzen gesetzt. Auch ohne Kopfdeckel wäre Cody Chesnutt jedoch weit weg von Abgeklärtheit. Mit einer elegant groovenden Band im Rücken ist er eher der hyperaktive Nachfahre von Klassikern wie Curtis Mayfield oder Marvin Gaye. Auch sein Gesang transportiert nicht unbedingt jene kühl-hitzige Subtilität der Vorbilder.

Das soll nicht heißen, Chesnutt wäre stilfrei. All seine ins parlandohafte Erzählen kippenden vokalen Gesten samt den mitunter anämisch rüberkommenden Vokalisen sind markant. Sie weisen ihn halt als Sänger von eher solider Machart auf, der sein Potenzial (in balladesken Momenten kam es zum Vorschein) in einer Überdosis Energie ertränkt. Dennoch ein grooviges Konzert. Imaginiert man die Vokalpredigten eines Al Green, erkennt man indes, wie viel Luft da nach oben hin gewesen wäre. Mit Chesnutt hatte man am Sonntag dennoch den besseren Teil des Staatsopernabends hinter sich gebracht.

In einer preiswürdig grotesken Programmzusammenstellung ließ man dem souligen Helmträger den jazzig-weltmusikalisch veranlagten Gitarristen Al Di Meola folgen, dessen substanzvolle Zeit schon Jahrzehnte zurückliegt.

In Chick Coreas Formation Return To Forewer sorgte er in den 1970ern für jazzrockige Emphase. Damals schien seine Virtuosität sinnvoll in Coreas kompositorischen Kosmos eingebunden. Auch die ersten Soloalben Al Di Meolas hatten noch punktuell Charme, bis der Tonleiternjüngling begann, zu einer Art Richard Clayderman der Gitarre zu mutieren. Verkitschte, hohle Virtuosität wurde zum Markenzeichen - auch bei den Super Guitars (mit John McLaughlin und Paco de Lucia) schimmerte sie üppig durch.

Es hat sich nichts geändert: Nach wie vor fühlt sich der Gitarrist wohl im selbstgebauten Käfig aus Pathos und suitenartigen Kompositionen, die, würden sie von hinten gespielt werden, auch nicht weniger leblos klängen als im Original. Mit solch Stücken wärmte sich Di Meola auf, bis mit Streichquartett, Klavier und Percussion Beatles-Songs kamen.

Und wie: Eleanor Rigby oder Strawberry Fields Forever klangen in ihrer Harmlosigkeit, als wären sie für die Beschallung von Fahrstühlen zurechtarrangiert worden. Di Meola spielte zwar eine akustische Gitarre. Er versüßte deren Sound allerdings computerunterstützt. Leider auch beim Solokonzertteil, der das Potenzial hatte, ungeschminkt Intimität zu evozieren. Tatsächlich schimmerte hier eine das Material sensibel behandelnde Musikalität durch. Leider nur kurz. (Ljubiša Tošić, DER STANDARD, 8.7.2014)