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Der Schiedsrichter zeigt, wo sein Auto steht.

Foto: APA/EPA/Sebangan

Fußballschiedsrichter mit Trainerausbildung sind nicht alltäglich. Marco Rodríguez hat eine absolviert. "Das hilft mir sehr, um das Verhalten der Spieler zu verstehen", sagt der 40-Jährige aus Mexiko-Stadt. Ob ein Typ wie Luis Suárez so oder so nicht zu verstehen ist, oder Rodríguez schlicht übersehen hat, dass der Stürmer aus Uruguay im Spiel gegen Italien seinen Kontrahenten Giorgio Chiellini in die Schulter gebissen hat, blieb offen. Geschadet hat es dem Referee nicht, dass Suárez erst nach Videobeweis belangt werden konnte. Schließlich pfeift Rodríguez nach zwei Vorrundenpartien - auch Belgien gegen Algerien (2:1) stand unter seiner Leitung - heute den Halbfinalheuler zwischen Gastgeber Brasilien und Deutschland in Belo Horizonte.

Ironischerweise wird Marco Antonio Rodríguez Moreno in seiner Heimat als Chiquidrácula, also Kleindracula, verspottet - wegen seiner Frisur, die an eine Figur aus einer mexikanischen Kindersendung gemahnt. Aber auch die Art seiner Spielleitung könnte mit dem berühmten Blutsauger in Verbindung gebracht werden. Rodríguez neigt zu großzügiger Verteilung von Karten und also zu kleinlicher Regelauslegung, was das Spiel nach und nach den Lebenssaft kosten kann.

Schnitt

Mit insgesamt sechsmal Gelb und einer roten Karte hat sich Rodríguez bei seiner dritten WM - 2006 und in Deutschland pfiff er als jüngster Referee ebenso zwei Spiele wie 2010 in Südafrika - bisher zurückgehalten. Schiedsrichterboss Massimo Busacca setzt aber für die mutmaßlich heikle Partie zwischen Brasilien und Deutschland lieber auf einen kleinlichen Mann. Rodríguez kann diesbezüglich auf beeindruckende Zahlen verweisen. Er zeigt pro Länderspiel durchschnittlich 4,43 Gelbe und 0,65 Rote.

Keine Rolle hat eine Affinität zu Deutschland gespielt, wie in Brasilien geargwöhnt wurde. Im weltweiten Netz kursiert die Information, dass Rodríguez als Sportlehrer an einer deutschen Schule wirkt - eine Namensverwechslung. Tatsächlich ist er im Nebenberuf zum protestantischen Prediger berufen. Zudem engagiert sich der Vater einer Tochter in der Drogenprävention.

An Selbstbewusstsein mangelt es Rodríguez nicht. Mexikanische Unparteiische, sagt er, seien Druck vonseiten des Publikums und der Presse gewöhnt, zählten daher zu den besten der Welt. "Es ist ein Segen, Schiedsrichter in Mexiko zu sein, so wie es ein Segen ist, ein brasilianischer Fußballspieler zu sein." (Sigi Lützow, DER STANDARD, 08.07.2014)