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Foto: EPA/PARWIZ SABAWOON

Die englischsprachige Wikipedia führte Ashraf Ghani am Dienstag bereits als neuen afghanischen Präsidenten mit Amtsantritt im Dezember, offiziell ist das jedoch noch nicht. Und auch wenn die afghanische Wahlkommission, die ihn mit einer Million Stimmen Vorsprung vorne sah, wohl nur mehr schwer zurückkrebsen kann: Ghanis Rivale Abdullah Abdullah wird kaum zu überreden sein, diesen Ausgang der Präsidentschaftswahlen anzuerkennen. Dem kriegsgeplagten Land droht eine neue Katastrophe.

Ashraf Ghani Ahmadzai - Letzteres ist der Name seines einflussreichen paschtunischen Stammes - ist wie Amtsinhaber Hamid Karsai einer jener Exilafghanen, die trotz ihrer langen Abwesenheit von Afghanistan nach dem Sturz des Taliban-Regimes im Winter 2001 dort eine erfolgreiche politische Karriere aufbauen konnten. Dazu brauchte man damals nicht so sehr interne Vernetzungen wie äußere Förderer, die der US-Bürger, der seit 1991 bei der Weltbank arbeitete, unzweifelhaft hatte. Ghani, der Afghanistan Ende der 1970er-Jahre den Rücken gekehrt hatte - seine Familie wurde von den Kommunisten verfolgt - arbeitete zuerst im Uno-Team für Afghanistan von Lakhdar Brahimi und wurde 2002 afghanischer Finanzminister.

Als Finanzminister hochgelobt.

Die ersten Jahre sah Afghanistan - ganz im Gegensatz zum 2003 von den USA ebenfalls eroberten Irak - wie ein kommendes Erfolgsmodell aus, und Ghani wurde als Finanzminister hochgelobt. Mit diesem Kapital als renommierter Technokrat und Experte ging Ghani nach vier Jahren als Rektor der Universität Kabul bereits 2009 erstmals ins Rennen um die Präsidentschaft, seine Wahlkampffibel war sein eigenes Buch Fixing Failed States. Er scheiterte mit weniger als drei Prozent der Stimmen.

Leute, die ihn kennen, sagen jedoch, dass die gewisse Skrupellosigkeit, die zu einem Politiker gehört - zumal zu einem in einem Kriegsland -, schon früher in ihm erwachte. Beim Wahlkampf 2014 äußerte sie sich unter anderem darin, dass er sich als einen seiner Vizepräsidenten in spe den usbekischen Warlord und Kriegsverbrecher Rashid Dostum auserkor.

Ashraf Ghani ist studierter Kulturanthropologe. Bevor er an der Columbia University promovierte, hatte er in den 1970er-Jahren an der American University in Beirut studiert, wo er auch seine libanesische Frau Rula kennenlernte. Mit ihr hat der 1949 Geborene zwei - natürlich längst erwachsene - Kinder. (Gudrun Harrer, DER STANDARD, 9.7.2014)