Arbeiten von Martina Klein, Marcus Geiger und Aleana Egan (von li.) in der Galerie Elisabeth & Klaus Thoman in Wien.

Foto: Lena Kienzer

Wien - Nein, widerspricht Michael Kienzer vehement. Der Skulptur verbunden zu sein, einen Formprozess durchlaufen zu wollen, um zu einer originären Formensprache zu kommen, sei für Bildhauer nicht unbedingt selbstverständlich. "Viele missbrauchen die Arbeit als Display für irgendwelche narrativen Gschichtln oder als Platzhalter für banale Kalauer", sagt Kienzer, der Bildhauer, und ihm ist anzumerken, dass ihn so was durchaus sauer macht.

Wenn es um Kunst geht, urteilen Künstleraugen oft besonders streng - erst recht, wenn es ums eigene Medium geht. Kein schlechter Ansatz, um eine Ausstellung zu kuratieren. Aber allein den persönlichen Blickwinkel, die eigenen Präferenzen als Auswahlkriterium heranzuziehen, das gehe nur, wenn das eine einmalige Sache ist. Diese Einmaligkeit in der Galerie Thoman in Wien heißt Sculpture Unchaperoned und zeigt, wie der Titel besagt "Skulpturen ohne Anstandsdame", also ohne Begleitung großer konzeptueller Gerüste.

Das heißt nicht, dass hier nicht auf sehr intuitive Art, spannungsvolle Dialoge zustande kämen: so wie jener zwischen Sepp Auer und True Greenfort. Neben den reduzierten und klaren Objekten des Österreichers, der sehr ironisch und leichtfüßig mit Motiven der Minimal Art oder der monochromen Malerei spielt, wirkt Tue Greenforts Installation regelrecht opulent. Die Falten eines riesigen, mit einem Parkettornament des Arts-and-Crafts-Designers Walter Crane bedruckten Textils bauschen sich am Boden, ein oktogonaler Rahmen hebt einen Bereich hervor. Die Idee des Heraushebens, das Bodenmotiv zu etwas ganz anderem werden zu lassen, das sei für ihn spannend, sagt Kienzer. Wie er das Formale löst, interessiere ihn. "Ich bin ja Bildhauer und kein Kunsthistoriker."

Aber auch "ein projiziertes Objekt" hat den Kreis des Bildhauerischen geentert: Wasser rinnt in dem Video von Magali Reus über einen nackten Körper - im Grunde sehr bildhauerische Themen, findet Kienzer. Sinnlich im taktilen Sinn ist die kinetische Arbeit von Thomas Baumann: Denn das dicke Tau, das durch einen Motor bewegt wird, reibt sich an den führenden Spulen ab. "Ich finde es schön, wie sich das Seil hier mehr oder minder zerstört."

"Vielleicht sind viele Skulpturen heute erst dann interessant, wenn sie sich in einem Grenzbereich zu einem anderen Medium bewegen", sagt er. So wie etwa die Objekte von Martina Klein, die den malerischen Raum für sich erweitert: Eine Leinwand lehnt lapidar an der Wand; statt eines Sockels nutzt sie eine Kokosmatte - dass diese direkt hinter der Eingangstür der Galerie platziert ist, steigert den Witz noch. Subtiler Humor ist auch wesentliches Element bei Magnus Thierfelders Arbeit Perspective. "Die Frage der Perspektive in der Skulptur aufzugreifen funktioniert ja überhaupt nicht - und so schon gar nicht", sagt Kienzer über das absurd verschobene Trapezobekt und lacht. (Anne Katrin Feßler, DER STANDARD, 10.7.2014)