Ganz ohne weißen Rauch vollzieht sich in der Vatikanbank ein Führungswechsel. Der französische Unternehmensberater Jean-Baptiste Douville de Franssu übernimmt mit sofortiger Wirkung die Leitung der Vatikanbank. Er ist seit 2012 der dritte Präsident des skandalumwitterten Institutes für religiöse Werke (IOR), das alles andere als eine fromme Vergangenheit aufweist.
Seine Vorgänger, der Mailänder Uni-Professor Ettore Gotti Tedeschi und der deutsche Banker Ernst von Freyberg, blieben nur kurze Zeit im Amt. Ersterer wurde Hals über Kopf vom damaligen Staatssekretär Kardinal Tarcisio Bertone entlassen. Der Mailänder wollte mehr Transparenz in die Vatikan-Finanzen bringen, was 2012 nicht gewürdigt wurde. Freyberg hat zwar für Transparenz gesorgt. Angeblich gab es aber "Kommunikationsschwierigkeiten" mit Papst Franziskus, sodass der Deutsche nach 17 Monaten Tätigkeit im Vatikan ins Schwäbische zurückkehrte.
Der neue Chef der Vatikanbank, der dem französischen Hochadel angehört, ist Partner der US-Beraterfirma Guardiola und Mitbegründer der Finanzboutique Incipit. Die beiden Unternehmen gehören nicht gerade zur ersten Klasse der Berater-Internationale. Der 51-jährige Jurist und praktizierende Katholik genießt jedoch das volle Vertrauen des neuen "Finanzministers" des Heiligen Stuhls: George Pell. Sowohl der als "australischer Ranger" bezeichnete Kardinal als auch der im Vatikan einflussreiche ehemalige Zentralbankchef von Malta, Joseph F.X. Zahra, haben sich beim Papst für Franssu starkgemacht.
Einen Schatten auf die Ernennung wirft der älteste Sohn des künftigen IOR-Präsidenten: Louis Victor, der derzeit für die Promontory Financial Group arbeitet. Die Finanzberaterfirma ist seit 2013 im Vatikan aktiv. Allerdings soll sich Sohn Louis nicht mit den Vatikan-Finanzen befassen, sodass etwaige Interessenkonflikte angeblich ausgeschlossen seien.
Jean-Baptiste Douville de Franssu ist seit 30 Jahren mit der Belgierin Hélène de Gerlache de Gomery verheiratet. Gemeinsam haben sie vier Kinder. Seine Aufgabe im Vatikan ist knifflig: Er soll die einst mächtige IOR-Bank zu einer einfachen "Zahlungsstelle" für Vatikan-Angehörige wandeln und wichtige Tätigkeiten, wie etwa die Vermögensverwaltung, ausgliedern. Der Ruf, der ihm vorauseilt, passt zur Aufgabe: Franssu wird nicht nur diplomatisches Geschick und finanzielles Know-how, sondern auch ein eiserner Wille nachgesagt. (Thesy Kness-Bastaroli, DER STANDARD, 10.7.2014)