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In Beer Tuvia soll diese Kuhherde bei einem Raketenangriff ums Leben gekommen sein.

Foto: AP/Abayov

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Palästinenser inspizieren ein zerbombtes Auto.

Foto: Reuters/Zakot

Gaza/Tel Aviv - Die Gewalt zwischen Israel und militanten Palästinensern nimmt kein Ende. Seit Beginn der israelischen Offensive auf Ziele im Gazastreifen am Dienstag wurden nach palästinensischen Angaben 98 Menschen getötet gestiegen. Mehr als 660 seien verletzt worden, sagte der Sprecher des Gesundheitsministeriums in Gaza. Etwa zwei Drittel davon seien Zivilisten. Der UN-Sicherheitsrat berät am Donnerstag über den Nahostkonflikt.

Die israelischen Streitkräfte setzten in der Nacht auf Freitag ihre Luftangriffe auf den Gazastreifen fort. Bei einem Angriff auf das Haus eines Mitglieds der militanten Organisation Islamischer Jihad in Rafah seien fünf Menschen getötet worden, darunter eine Frau, sagte ein Sprecher der palästinensischen Rettungsdienste. 15 Menschen seien dabei verletzt worden.

Umgekehrt ist erstmals seit Beginn des jüngsten Gaza-Konflikts auch aus dem Libanon ein Geschoss auf Israel abgefeuert worden. Eine Armeesprecherin in Tel Aviv bestätigte, ein Geschoss sei in der Früh in der Nähe der Grenzstadt Metullah gefunden worden. Es gab keine Berichte zu möglichen Opfern.

Es sei noch unklar, ob es sich um eine Mörsergranate oder eine Rakete gehandelt habe, hieß es seitens der Armee. Das israelische Radio meldete, es seien zwei Katjuscha-Raketen nördlich der Stadt Kirjat Schmona niedergegangen.

2006 hatten Israel und die libanesische Hisbollah-Miliz einen einmonatigen Krieg geliefert. Hisbollah hatte damals Tausende von Raketen auf Israel abgefeuert. Seitdem kam es nur noch vereinzelt zu Scharmützeln an der Grenze

Explosionen in Jerusalem

In Jerusalem waren zuvor am Donnerstag drei Explosionen zu hören. Das berichteten Korrespondenten der Nachrichtenagentur AFP, nachdem es Luftalarm gegeben hatte. Luftalarm war laut Zeugen vor Ort auch in der jüdischen Siedlung Maale Adumin zu hören, die östlich von Jerusalem im Westjordanland liegt.

Ban fordert Waffenruhe

UN-Generalsekretär Ban Ki-moon hat bei einer Dringlichkeitssitzung des Sicherheitsrats an Israelis und Palästinenser appelliert, schnellstmöglich eine Waffenruhe zu vereinbaren. Auch die internationale Gemeinschaft müsse alles in ihrer Macht stehende tun, um zur Entschärfung der Lage im Gazastreifen beizutragen, forderte Ban bei dem Sondertreffen am Donnerstag in New York. Zuvor hatte er die Konfliktparteien bereits vor einem "regelrechten Krieg" gewarnt.

Israels Ministerpräsident Benjamin Netanyahu erklärte laut der Zeitung "Haaretz" allerdings vor dem Außen- und Verteidigungsausschuss des israelischen Parlaments, dass derzeit keine Gespräche über eine Waffenruhe geführt würden und dies auch "nicht auf der Tagesordnung" stehe. Die Forderung rechtsgerichteter Abgeordneter, die Stromversorgung für den Gazastreifen abzuschalten, wies Netanyahu demnach zurück. "Wir können uns nicht aufführen wie Russland in Tschetschenien", habe er dazu bemerkt.

Anonyme Warnungen ignorieren

Die radikalislamische Hamas rief die Bewohner des Gazastreifens am Donnerstag dazu auf, sich bei Luftangriffen als menschliche Schutzschilde zu postieren. Das Innenministerium in Gaza warnte die Palästinenser außerdem davor, ihre Häuser nach anonymen Warnungen zu verlassen. Gewöhnlich kündigt die israelische Armee ihre Angriffe telefonisch an, um zivile Opfer zu vermeiden.

Warten auf Hausdach: "Praxis übernehmen"

In einem Fernsehauftritt lobte ein Hamas-Sprecher jene Palästinenser, die kurz vor einem israelischen Angriff auf die Dächer ihrer Häuser stiegen. "Wir rufen dazu auf, diese Praxis zu übernehmen", sagte er.

Die Menschenrechtsorganisation Betselem hatte am Mittwoch berichtet, mehrere Familienmitglieder und Nachbarn eines Hamas-Mitglieds seien am Vortag vor einem israelischen Angriff auf ihr Hausdach gestiegen. Dennoch sei eine Rakete abgefeuert worden, die acht Menschen getötet habe.

Tote Zivilisten

Die Armee betonte, sie habe die Bewohner mehrfach gewarnt und abgewartet, bis sie das Haus verlassen hätten. Offenbar seien einige Personen aber unmittelbar vor dem Angriff zurückgekehrt. Zu diesem Zeitpunkt sei der Einschlag der Rakete nicht mehr zu verhindern gewesen, sagte Armeesprecher Arye Shalicar. Er betonte, dass die israelische Armee alles tue, um den Tod von Zivilisten zu verhindern.

Hohe Erfolgsquote von "Iron Dome"

Das Raketenabwehrsystem "Iron Dome" (Eiserne Kuppel) hat seit Montagnacht eine Erfolgsquote von fast 90 Prozent gegen den Raketenbeschuss aus dem Gazastreifen erzielt. Das bedeute eine Verbesserung gegenüber dem Einsatz während des Gaza-Konflikts im November 2012, berichtete die Zeitung "Haaretz" am Donnerstag.

Das sehr kostspielige Abwehrsystem wird nur aktiviert, wenn bewohnte Gebiete durch Raketen bedroht erscheinen. Das bedeutet, dass bei etwa 27 Prozent der rund 180 Raketen, die zwischen Montagnacht und Mittwochmittag aus dem Gazastreifen abgeschossen wurden, "Iron Dome" aktiviert wurde.

Al-Qassam: 279 Raketen abgefeuert

Die extremistischen Al-Qassam-Brigaden erklärten, sie hätten in den vergangenen 48 Stunden 279 Raketen auf Israel abgefeuert. Andere militante Gruppen hätten mehr als 100 Raketen gestartet. Israelische Kampfflugzeuge hätten in den zwei Tagen der Offensive mehr als 75 Häuser im Gazastreifen bombardiert.

Schon mehr Ziele getroffen als 2012

Das israelische Militär erklärte laut einem Bericht der Zeitung "Times of Israel", es seien bisher in eineinhalb Tagen mehr Ziele getroffen worden als während der achttägigen Offensive gegen den Gazastreifen im November 2012. Bis Mittwochnachmittag seien 400 Tonnen Sprengstoff gegen den Gazastreifen eingesetzt worden. Wie die Zeitung "Jerusalem Post" in der Nacht auf Donnerstag online berichtete, wurden seit Beginn der Militäroperation mehr als 500 Ziele angegriffen.

Tatverdächtige im Hausarrest

Im Fall des Mordes an einem palästinensischen Jugendlichen, der einer der Auslöser der derzeitigen Konflikte war, sollen drei von sechs Tatverdächtigen in Hausarrest entlassen worden sein. Das habe ein Gericht in Petah Tikva bei Tel Aviv angeordnet, berichten mehrere Medien am Donnerstag. Die drei seien nicht direkt am Mord beteiligt, aber Teil der Gruppe gewesen, die ihn ausgeführt habe.

Die anderen drei Verdächtigen, ein 30-Jähriger und zwei Minderjährige, sollen die Tat gestanden haben. Der 16-jährige aus Ostjerusalem war vor einer Woche in einem Wald bei Jerusalem tot aufgefunden worden. Die Polizei geht von einem Rachemord nach der Entführung und Ermordung von drei israelischen Jugendlichen aus. (APA, 10.7.2014)