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Weg frei für eine Neuregelung des U-Ausschusses: Der letzte fand im Budgetsaal des Parlaments statt.

Foto: APA/Hochmuth

Wien - Die U-Ausschuss-Reform ist zwischen fünf Parteien paktiert, einzig das Team Stronach verweigert seine Zustimmung: Am Donnerstag einigten sich SPÖ, ÖVP, FPÖ, Grüne und Neos darauf, dass das Einsetzen von Untersuchungsgremien zum Minderheitsrecht wird.

Bis zuletzt hing vieles von den Begehrlichkeiten der ÖVP ab - und die Neulinge unter den Oppositionsparteien, das Team Stronach und die Neos, wurden nach den Grünen und den Freiheitlichen beim Verhandlungsshowdown am Donnerstagnachmittag mangels Erfahrung mit U-Ausschüssen zuallerletzt eingebunden. Doch gegen 16 Uhr, vor der wochenlangen Sommerpause des Nationalrats, stand fest: Nach jahrzehntelangem Dauerstreit haben sich fünf Parteien auf eine U-Ausschuss-Reform geeinigt, die es bald auch der Opposition erlaubt, auf eigene Faust Untersuchungsgremien einzuberufen.

Bedeutet: Nach Beschluss im Nationalrat im Herbst ist damit auch der Weg frei für einen U-Ausschuss zur Causa Hypo, den Blau, Grün, Pink und das Team Stronach schon seit Monaten zu den fragwürdigen Vorgängen rund um die Kärntner Problembank begehren.

Damit nicht genug, sollen die mühsam erzielten Kompromisse bei der neuen Verfahrensordnung auch für eine bessere Abwicklung der Untersuchungen sorgen. Die neuen Abläufe im Detail:

  • Minderheitsrecht Künftig reicht  die Zustimmung eines Viertels der 183 Abgeordneten, einen U-Ausschuss einzurichten. Tagen können die Ausschüsse bis zu 20 Monate, gut vier Monate vor einer Wahl muss aber Schluss sein. Für die Aktenanforderung gilt teilweise Minderheitenrecht - und Zeugen kann die Opposition im Alleingang zweimal laden. Vermutet die Mehrheit jedoch, dass bei der Ladung kein sachlicher Zusammenhang zum Untersuchungsgegenstand besteht, kann sie das Höchstgericht anrufen.
  • Streitschlichtung Denn bei Streitfällen, die bisher vor allem beim Anfordern von Aktenmaterial und bei der Ladung von Zeugen entstanden, kann künftig der Verfassungsgerichtshof angerufen werden, der dann in einem Eilverfahren einen Entscheid fällt. Bei hausinternen Unstimmigkeiten schlichtet ein Gremium, das aus den Volksanwälten besteht.
  • Vorsitz Über den gesamten Aufklärungsvorgang im Parlament werden die Parlamentspräsidenten wachen - erst wenn alle drei verhindert sind, können für die Aufgabe auch einfache Abgeordnete herangezogen werden.
  • Geheimhaltung Das Aktenmaterial kann künftig mit vier Geheimhaltungsstufen unter Verschluss gehalten werden, die Abstufungen lauten: "eingeschränkt geheim", "vertraulich", "geheim", "streng geheim". Allerdings drohen nur beim Brechen der beiden letzten Verschwiegenheitssiegel den Mandataren Konsequenzen.
  • Verfahrensrichter Neu in dem Prozedere: Neben dem Verfahrensanwalt wird ein Verfahrensrichter sitzen - diese Einigung gilt als Zugeständnis an die ÖVP, die in den Verhandlungen lange auf pensionierte Richter als Vorsitzende gepocht hat. Konkret wird der Verfahrensrichter mit den Erstbefragungen von Zeugen beauftragt - und soll an den bisher stets umstrittenen Endberichten von U-Ausschüssen mitarbeiten.
  • Sanktionen Ebenfalls vor allem die ÖVP war es, die sich für eine Lockerung der Immunität der Abgeordneten bei absichtlichen Verleumdungen starkgemacht hat: Wie bei Geheimnisverrat droht den Mandataren bei diesem Delikt damit das Strafrecht. "Eine Freude habe ich damit nicht“, so FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache dazu. ÖVP-Klubchef Reinhold Lopatka hingegen erklärt: "All das ist ein Beitrag dazu, dass Abgeordnete in U-Ausschüssen nicht mehr zu einem Politikspektakel verleitet werden."

Wie SPÖ-Klubchef Andreas Schieder ist der Grüne Peter Pilz, seit den U-Ausschüssen zu Lucona, Noricum, Eurofighter und den Korruptionsaffären Gottseibeiuns der Regierungsparteien, voll des Lobes für den erzielten Kompromiss - er spricht von "der größten Parlamentsreform seit 1945“. Für Neos-Boss Matthias Strolz ist der Durchbruch "ein Sieg der Bürger". Nur das Team Stronach verweigert seine Zustimmung, weil, wie Robert Lugar erklärt, die Regelung zu mehrheitsfreundlich und damit "zahnlos" sei. (Nina Weißensteiner, derStandard.at, 10.7.2014)