Haucht ein Stern bei einer Supernova-Explosion sein Leben aus, dann entstehen dabei große Staubmengen. Wie das genau vor sich geht, haben nun Astronomen gleichsam live beobachtet.

Foto: ESO/M. Kornmesser

Kopenhagen - Die Milchstraße ist ein staubiger Ort. Die Materiepartikel treiben als gigantische Wolken zwischen den Sternen umher, verschleiern den Blick ins galaktische Zentrum und bilden den Grundstoff, aus dem die Planeten und damit letztlich auch wir Menschen hervorgegangen sind. Wo aber diese riesigen Staubmengen herkommen, blieb für lange Zeit ein Rätsel.

Bekannt war bisher lediglich, dass Supernova-Explosionen eine entscheidende Rolle dabei spielen. Wie sich aber die einzelnen Molekülpartikel zusammenballen und größere Körner bilden, war unklar. Ebenso wenig konnte man sich erklären, wie die Körnchen aus Kohlenstoff, Silizium, Sauerstoff, Eisen und Magnesium in der harschen Umgebung einer Galaxie überleben können, in der fortlaufend neue Sterne entstehen und explodieren.

Tod eines Giganten

Nun aber ist es Astronomen erstmals gelungen, einen Teil des staubigen Mysteriums zu lösen. Das internationale Team von Wissenschaftern nahm mit dem Very Large Telescope (VLT) der ESO in Chile die Supernova SN2010jl ins Visier. Bei dem Ereignis in der rund 160 Millionen Lichtjahre entfernten Galaxie UGC 5189A hauchte ein Sternengigant von rund 40-facher Sonnenmasse sein Leben aus, und die Wissenschafter waren mit ihren Instrumenten gleichsam live dabei. Insgesamt zehnmal führten die Forscher in den ersten 2,5 Jahre nach der Sternenexplosion Beobachtungen im ultravioletten, sichtbaren und infraroten Spektralbereich durch.

"Indem wir die Daten kombinierten, konnten wir die erste Messung der Absorption verschiedener Wellenlängen im Staub um eine Supernova machen" , erklärt Christa Gall von der Universität Aarhus in Dänemark, Erstautorin der im Fachjournal "Nature" erschienenen Studie. "So konnten wir mehr über diesen Staub herausfinden, als uns bisher möglich war."

Dabei stellte das Team fest, dass der Entstehungsprozess von Staubpartikeln unmittelbar mit der Supernova-Explosion beginnt und dann über einen längeren Zeitraum fortgesetzt wird. Die Messungen enthüllten außerdem, wie groß die jungen Staubkörnchen sind - und dieses Ergebnis überraschte die Astronomen: Es zeigte sich, dass die Partikel mehr als ein Tausendstelmillimeter messen. Das mag winzig klingen, ist aber wesentlich größer als bisher angenommen. Und genau diese Größe macht die Staubkörner widerstandsfähig gegenüber den zerstörerischen Einflüssen der galaktischen Umgebung.

"Unser Nachweis großer Staubkörner kurz nach der Supernova-Explosion bedeutet, dass es einen schnellen und effizienten Weg geben muss, sie zu bilden", erklärt Koautor Jens Hjorth von der Universität Kopenhagen. "Ganz genau verstehen wir aber noch nicht, wie das eigentlich passiert."

Ideale Staubbrutstätte

Ihre Analysen lieferten den Astronomen aber bereits entscheidende Hinweise: Es scheint, als würde das Basismaterial für die Staubpartikel noch vor der eigentlichen Supernova ins All hinausgeblasen. Kurz darauf rast die Schockwelle der Sternenexplosion nach außen und formt hinter sich eine kühlere dichte Gassphäre - eine Umgebung, die sich als ideal erweist für die Kondensierung größerer Staubkörner.

Einige hundert Tage später setzt dann eine zweite, beschleunigte Phase der Staubbildung ein, an der auch Material beteiligt ist, das direkt bei der Supernova abgegeben wird. Hochrechnungen ergaben, dass bei gleichbleibender Staubproduktion in 25 Jahren aus SN2010jl eine Staubmenge hervorgegangen sein wird, die etwa der halben Masse unserer Sonne entspricht. (Thomas Bergmayr, DER STANDARD, 11.7.2014)