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"Es war wie ein Tritt in den Magen, als wir die Testergebnisse gesehen haben", sagt die behandelnde Ärztin des Kindes.

Foto: AP Photo/Johns Hopkins Medicine

Herber Rückschlag für die Aids-Forschung: Bei einem als geheilt geglaubten vierjährigen Kind in den USA ist das HI-Virus wieder aufgetaucht. Nach zwei Jahren ohne Medikamente, in denen keine Viren im Körper des Mädchens nachweisbar waren, sei der Aids-Erreger nun wieder präsent, teilten die Ärzte des Kindes an der Universität von Mississippi mit.

Enttäuschende Wende 

"Dies ist natürlich eine enttäuschende Wende für das junge Kind, für seine Ärzte und für die gesamte Aids-Forschung", sagte der Direktor des nationalen Forschungsinstitutes für ansteckende Erkrankungen und Allergien (NIAID), Anthony Fauci, laut Mitteilung. "Wissenschaftlich erinnert uns das daran, dass wir immer noch viel zu lernen haben über die Feinheiten von HIV und wo das Virus sich im Körper versteckt."

Das als "Mississippi-Baby" bekannt gewordene Kind war 2010 in einer ländlichen Gegend dieses US-Bundesstaats zur Welt gekommen. Die Mutter war HIV-positiv, wusste davon aber nichts. Nachdem Tests die Infektion nachgewiesen hatten, begannen die Ärzte rund 30 Stunden nach der Geburt damit, das Baby mit einer Kombination aus drei Medikamenten zu behandeln. Bereits nach einem Monat waren die Viren nach Angaben der Ärzte kaum noch im Körper des Mädchens nachweisbar. Später galt es als "funktionell geheilt".

Bei einer Routine-Untersuchung Anfang des Monats seien dann allerdings wieder HI-Viren im Körper der Vierjährigen entdeckt worden, teilte die Universität mit. "Es war wie ein Tritt in den Magen, als wir die Testergebnisse gesehen haben", sagt die behandelnde Ärztin des Kindes, Hannah Gay. Das Mädchen müsse nun wieder behandelt werden. "Ich bin aber sicher, dass es ein langes und gesundes Leben haben wird", sagte die Medizinerin. "Die Suche nach einem Heilmittel ist wie ein riesiges Puzzle." Leider habe man nun doch nicht das letzte Puzzleteil gefunden.

Viren-Reservoire 

Experten hatten zunächst aufgrund der frühen Behandlungserfolge des "Mississippi-Babys" den Schluss gezogen: Bei Neugeborenen müsse von vornherein verhindert werden, dass sich bestimmte Reservoire im Körper mit Viren füllen. Als solche Speicher, in denen die Erreger Jahre oder auch Jahrzehnte ruhen können, gelten unter anderem Lymphgewebe, Gedächtnis-Helferzellen, Knochenmark und Gehirn. Die Aids-Forscher wollen nun klären, warum das Kind so lange HIV-frei blieb. Denn normalerweise seien die Erreger bei Abbruch einer Therapie schon nach wenigen Wochen nachweisbar, nicht nach Jahren.

Bis in die 1990er-Jahre wurde HIV-Infizierten zur Abtreibung geraten - das liegt heute in weiter Ferne: Hat die Therapie früh genug eingesetzt und die Viruslast unter die Nachweisgrenze gedrückt, können die Frauen ihr Kind sogar auf natürlichem Weg zur Welt bringen. "Die Gefahr, das Virus dann während der Geburt auf das Neugeborene zu übertragen, liegt bei unter einem Prozent", erklärte Annette Haberl, Ärztin im HIV-Zentrum der Frankfurter Uniklinik. Ohne Behandlung betrage es 20 bis 25 Prozent, werde das Kind gestillt, könne es auf bis zu 40 Prozent steigen. (APA, derStandard.at, 11.7.2014)