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Rauchwolken steigen bei Gefechten in Luhansk auf.

Foto: AP/Snegirev

Kiew/Moskau - Kurz vor dem EU-Gipfel eskaliert in der Ostukraine erneut der Konflikt zwischen der Ukraine und Russland. Das ukrainische Verteidigungsministerium bestätigte am Montag den Abschuss eines Militärflugzeugs durch prorussische Separatisten. Die Rakete sei wahrscheinlich von russischem Gebiet aus abgefeuert worden, sagte Verteidigungsminister Waleri Heletej.

Zuvor hatte Präsident Petro Poroschenko Russland vorgeworfen, sich mit Offizieren direkt an den Gefechten im Osten seines Landes zu beteiligen. Außerdem sei in den vergangenen Tagen ein neues russisches Raketensystem gegen die ukrainische Armee eingesetzt worden, erklärte er bei einer Krisensitzung des Nationalen Sicherheitsrates in Kiew. Deshalb werde die Armee ihre Truppen im Osten massiv aufrüsten. "Darauf müssen wir reagieren", so Poroschenko.

Ein Sprecher des Sicherheitskabinetts sagte, es sei beobachtet worden, dass nahe Luhansk russische Einheiten und Ausrüstung über die Grenze gebracht worden seien. Zudem verstärke Russland seine Truppen an der Grenze. Auch die NATO warf Russland vor, bereits wieder mehr als 10.000 Soldaten im Grenzgebiet zur Ukraine zusammengezogen zu haben.

Telefonat mit Van Rompuy

Poroschenko hatte zuvor den Europäischen Rat aufgerufen, das Verhalten Russlands im Ukraine-Konflikt zu verurteilen. In einem Telefonat mit dem EU-Ratspräsidenten Herman Van Rompuy warf Poroschenko Moskau vor, "schweres Militärmaterial" für die prorussischen Separatisten über die Grenze in den Osten der Ukraine zu bringen sowie "Stellungen ukrainischer Soldaten anzugreifen". Poroschenko kündigte bei einer Krisensitzung des Nationalen Sicherheitsrats in Kiew eine massive Aufrüstung der Armee an.

Der ukrainische Präsident bat unter anderem, den Ukraine-Konflikt auf die Tagesordnung der nächsten EU-Ratssitzung am Mittwoch zu setzen. Dies habe Van Rompuy ihm zugesichert, erklärte Poroschenkos Büro am Sonntagabend.

Angeblich 30 Tote

Die prorussischen Separatisten in der Ostukraine haben unterdessen bei Luftschlägen durch ukrainische Streitkräfte nach eigenen Angaben 30 Kämpfer in den eigenen Reihen verloren. Sie seien bei einem Beschuss des Ortes Aleksandrowka getötet worden, teilte der Sprecher des Informationszentrums Südost-Front, Konstantin Knyrik, am Montag mit.

Das Verteidigungsministerium in Kiew bestätigte, dass es am Sonntag fünf Luftangriffe gegeben habe. "Der Feind hat bedeutende Verluste erlitten", teilte das Ministerium mit. Die Separatisten berichteten auch von andauernden Kämpfen in Donezk.

Beschuss russischen Territoriums

Am Wochenende war zum ersten Mal beim Beschuss russischen Staatsgebiets von ukrainischer Seite ein Mensch getötet worden. Zwei Menschen seien verletzt worden, meldete die Agentur Interfax unter Berufung auf Sicherheitskräfte. Das schwere Geschoss schlug laut Bericht in einem Haus im Gebiet Rostow ein, das in der Nähe der Kampfzone liegt. Eine offizielle Bestätigung dafür gab es nicht. Russland hatte mit Gegenwehr gedroht, sollte sein Territorium erneut beschossen werden.

Nach Angaben der Nato zieht Russland wieder Truppen an der Grenze zur Ukraine zusammen. "Unsere derzeitige Einschätzung ist, dass sich zwischen 10.000 und 12.000 Soldaten in der Gegend aufhalten. In der vergangenen Woche haben wir gesehen, dass zahlreiche Einheiten in die Grenzregion verlegt wurden", sagte ein Nato-Offizier am Montag in Brüssel. Russland hatte in den vergangenen Wochen die meisten seiner 40.000 Soldaten abgezogen, die in der Grenzregion zusammengezogen worden waren. Mitte Juni hielten sich dort weniger als 1000 Soldaten auf.

Janukowitsch klagt gegen EU-Sanktionen

Der ukrainische Ex-Präsident Viktor Janukowitsch hat die gegen ihn verhängten EU-Sanktionen vor dem Europäischen Gerichtshof in Luxemburg (EuGH) angefochten. Auch die ebenfalls mit Strafmaßnahmen belegten Söhne Janukowitschs sowie zehn weitere Ukrainer, unter ihnen der ehemaligen Regierungschef Mykola Asarow, reichten Klage ein, wie das Gericht am Montag auf seiner Website mitteilte.

Die EU hatte Vertreter der entmachteten Führungsriege der Ukraine im März mit Sanktionen belegt. Brüssel fror damals die Konten von Janukowitsch und 17 seiner Vertrauten ein. Ihnen wurde vorgeworfen, ukrainische Staatsgelder ins Ausland geschafft zu haben. Nach Angaben der ukrainischen Staatsanwaltschaft wurden während der Präsidentschaft Janukowitschs etwa drei Milliarden Dollar (2,21 Mrd. Euro) veruntreut.

Verstoß gegen EU-Recht

Nach Angaben der "Bild"-Zeitung gingen die Klagen bereits am 14. Mai beim EuGH ein. Demnach werfen Janukowitsch und seine Söhne der EU vor, bei der Verhängung der Sanktionen gegen EU-Recht verstoßen zu haben. Die EU sei nur deshalb gegen ihn vorgegangen, um den Plan für eine engere Anbindung derUkraine voranbringen zu können - dabei sei Janukowitsch als "demokratisch gewählter" Präsident im Wege gewesen, argumentierten dessen Londoner Anwälte.

Als früherer Präsident unterliege Janukowitsch zudem einer besonderen Immunität, führt die Klageschrift laut "Bild" weiter aus. Janukowitsch war im Februar nach monatelangen gewaltsamen Protesten aus der Ukrainegeflohen. Vom Parlament wurde er seines Amtes enthoben. (APA, 14.7.2014)