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Wie lange man mit Leukämie überlebt, hängt stark mit der medikamentösen Versorgung des Herkunftslands ab.

Foto: APA/HELMUT FOHRINGER

Die Überlebenschancen von Blutkrebspatienten (Leukämie etc.) sind strikt abhängig von der Verfügbarkeit der wirksamsten Medikamente. Das hat eine europaweite Studie ergeben, die in "Lancet Oncology" erschienen ist. Insgesamt haben sich zwischen 1997 und 2008 die Überlebensraten erhöht, Großbritannien hinkt aber zum Beispiel deutlich hinterher.

Eindeutige Ergebnisse 

Forscher vom nationalen italienischen Tumorinstitut in Mailand werteten die Daten von 560.444 Blutkrebspatienten zwischen 1997 und 2008 aus und bestimmten die Fünf-Jahres-Überlebensraten und deren Entwicklung. Das erfolgte für "Nordeuropa" (Dänemark, Island und Norwegen), Großbritannien, "Zentraleuropa" (Daten aus Österreich, Frankreich, der Schweiz und den Niederlanden), "Osteuropa" (Bulgarien, Estland, Litauen, Slowakei) und "Südeuropa" (Italien, Malta, Slowenien). Die Informationen stammten aus den jeweils vorhandenen offiziellen Krebsregistern.

Die Resultate interpretierten die Autoren eindeutig: "Die gute Nachricht liegt darin, dass die Fünf-Jahres-Überlebensraten bei den meisten Blutkrebsarten in den vergangenen elf Jahren gestiegen ist. Am ehesten spiegelt das die Zulassung neuer, zielgerichteter Medikamente in den frühen 2000er-Jahren wie Rituximab für Non-Hodgkin-Lymphome und Imatinib für chronisch myeloische Leukämie."

Unterschiede in Europa

Der Einsatz der modernsten Arzneimittel bei Blutkrebs erfolgte und erfolgt länderweise aber unterschiedlich schnell. Dafür sind vor allem Kostengründe verantwortlich. "Die Einführung und die Verwendung neuer Technologien und effektiver Arzneimittel erfolgte in Osteuropa viel langsamer. Das könnte zu den großen Unterschieden im Management und der Behandlung dieser Erkrankungen beigetragen haben", schrieben die Autoren.

Insgesamt stieg die Fünf-Jahres-Überlebensrate beispielsweise bei follikulären Lymphom-Erkankungen zwischen 1997 und 2008 von 59 auf 74 Prozent, bei diffusen groß-zelligen B-Zell-Lymphom von 42 auf 55 Prozent, bei chronisch myeloischer Leukämie von 32 auf 54 Prozent.  Die insgesamten Verbesserungen sind aber regional in Europa deutlich zu differenzieren: So erhöhten sich die Fünf-Jahres-Überlebensraten bei chronisch myeloischer Leukämie in Nordeuropa von 29 auf 60 Prozent, in "Zentraleuropa" (mit Österreich ) von 34 auf 65 Prozent. Großbritannien und die Länder Südeuropas hinken hier deutlich hinterher.

Verfügbarkeit entscheidend

Die Einführung von Arzneimitteln wie Rituximab, Imatinib, die Wiederentdeckung von "Contergan" (Thalidomid) und Wirkstoffe wie Bortezomib haben die Behandlung von Blutkrebs revolutioniert, lautet der klare Schluss der Autoren. Weil es in der onkologischen Hämatologie kaum andere Methoden (bis auf Bestrahlung und Stammzelltransplantationen) gibt, ist die Erhältlichkeit solcher Therapien für die Patienten entscheidend.

Auf der anderen Seite zeigt die neue Studie noch einmal, wie sehr auch die fortgeschrittensten westlichen Industriestaaten abgehängt werden können, wenn die Finanzierung der modernen Krebstherapien nicht gewährleistet ist. Internationale Experten weisen seit Jahren darauf hin, dass Großbritannien mit seinen Kostenkontrollen (NICE-Bewertungsgremium) auf der Verliererseite ist - speziell die Patienten. Trotzdem verweisen viele Gesundheitsökonomen und Health Technology Assessment-Experten immer wieder auf ihr "Vorbild", eben das Vereinigte Königreich.

So liegt Großbritannien mit einer 5-Jahres-Überlebensrate beim extrem schlecht behandelbaren Lungenkarzinom nur bei 8,8 Prozent. Der Europa-Durchschnitt liegt 13 Prozent, Österreich ist internationaler Spitzenreiter mit 16,7 Prozent. Ähnliches gilt für andere Krebsarten. Auch bei der Kindersterblichkeit insgesamt schneidet Großbritannien schlecht ab. 85 Prozent der Patienten mit chronisch obstruktiver Lungenerkrankung werden im staatlichen britischen Gesundheitssystem nicht rechtzeitig diagnostiziert. (APA, derStandard.at, 14.7.2014)