Mehr als 100 E1-Wagen sind in Wien noch im Einsatz. Sie sollen bis 2017 ausrangiert werden.

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In Krakau wurden 76 Wagen dieses Typs bereits in den vergangenen Jahren unter anderem mit Fahrerkabinen, elektronischer Anzeige und Doppelscheinwerfern ausgestattet und blau lackiert.

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Die früheren Wiener E1, wie sie nun in Kattowitz verkehren. Im Bild ohne C3-Beiwagen.

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Wien - Seit in den ersten Monaten dieses Jahres mehrere Angriffe auf Straßenbahnfahrer bekannt wurden, pochen die Mitarbeiter der Wiener Linien auf höhere Sicherheitsstandards in den Fahrzeugen. Einer Mitarbeiterversammlung, die den Betrieb an einem Mittwochmorgen im April öffentlichkeitswirksam lahmgelegt hatte, folgte im Juni die Entscheidung für ein zwei Millionen Euro teures Maßnahmenpaket.

Neben dem Ausbau der Videoüberwachung ist es vor allem die Aufrüstung von 120 älteren Tramwaygarnituren, die mehr Sicherheit bringen soll: Die E2-Hochflurzüge werden nun mit einer erhöhten Glaswand zum Fahrstand hin versehen, die die Chauffeure besser schützen soll.

Wiener Züge fahren seit 2004 durch Krakau

Ein Umbau zu vollständig abgetrennten Fahrerkabinen war der erste Schritt, den das städtische Krakauer Verkehrsunternehmen Miejskie Przedsiębiorstwo Komunikacyjne (MPK) anordnete, nachdem es den Wiener Linien vor zehn Jahren gebrauchte Hochflurzüge abgekauft hatte.

Es handelt sich um E1-Triebwagen, von denen auch in Wien noch 130 Exemplare unterwegs sind. Sie sind dem Bautyp der Nachfolgegeneration E2, die in Österreichs Hauptstadt voraussichtlich noch bis Mitte der 2020er-Jahre verkehren wird, nicht unähnlich. 76 dieser Triebwagen und 66 C3-Beiwagen hält die polnische Stadt heute im Einsatz.

"Der Umbau wurde in Krakau durchgeführt, noch bevor der erste Passagier ein Fahrzeug betreten hat. Wir sind der Meinung, dass die geschlossenen Kabinen die Fahrer gut schützen", sagt der Pressesprecher von MPK, Marek Gancarczyk, gegenüber derStandard.at.

Geschlossene Fahrerkabinen in Krakau: Durch ein kleines Ausgabefenster kann der Fahrer Tickets und Wechselgeld aushändigen.
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Laut Eigenangabe von MPK wurden in der südpolnischen Stadt im Vorjahr vier Attacken auf Straßenbahnfahrer gemeldet. In Wien wurden im selben Zeitraum 77 Angriffe dokumentiert. Zum Vergleich: Das Wiener Straßenbahnnetz befahren rund 500 Züge auf 29 Linien und 172 Kilometern Streckenlänge, in der 760.000-Einwohner-Stadt Krakau sind etwa 400 Garnituren auf 27 Linien und 91 Kilometern unterwegs.

In Krakau wurden neben dem Kabinenumbau auch die elektrischen Elemente runderneuert und elektronische Fahrgastanzeigen, Rückspiegel, gepolsterte Sitze sowie neue Sicherheitssensoren bei den Ein- und Ausstiegstüren installiert.

Nicht notwendig war der Umbau bei den 29 E6-/C6-Garnituren, die früher als U6-Züge im Wiener U-Bahn-Netz verkehrten und nun in Krakau ebenfalls Straßenbahndienst leisten; sie wurden schon ab Werk mit geschlossenen Fahrerkabinen ausgeliefert. MPK installierte dort Klimaanlagen.

Auch umgebaute frühere Wiener U6-Züge fahren als Straßenbahnen durch Krakau.
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Krakau ist nicht die einzige polnische Stadt, die ehemalige Wiener Fahrzeuge in Betrieb hat. Auch durch die 300.000-Einwohner-Stadt Kattowitz, die rund 70 Kilometer nordwestlich von Krakau liegt, fahren 25 E1-Wagen. Auch sie wurden vor der Inbetriebnahme mit geschlossenen Kabinen ausgestattet.

Testbetrieb mit nicht komplett geschlossenen Kabinen

In Wien soll in den kommenden Wochen ein erster E2-Prototyp mit erhöhter Glaswand zwischen Passagierraum und Fahrstand Praxiserfahrung bringen. Dass nicht wie in Polen eine komplett abgetrennte Kabine getestet wird, liegt laut Wiener-Linien-Sprecher Answer Lang auch daran, dass dabei der vorderste Einstieg nur mehr über einen Türflügel verfügen würde. Die umzurüstenden E2-Züge ließen sich in dieser Hinsicht nicht mit den nach Polen verkauften E1-Exemplaren vergleichen, so Lang. Zudem sei es wichtig, trotz aller Sicherheitsbedenken den Kontakt zwischen Fahrgästen und Fahrern nicht gänzlich zu unterdrücken.

Nach dem Probebetrieb soll gemeinsam mit den Mitarbeitern entschieden werden, auf welche Art die anderen 120 Züge umgerüstet werden, so Lang. Die etwa 130 Züge der Generation E1, die noch durch Wien fahren, werden nicht mehr umgebaut. Sie werden bis 2017 durch Niederflurzüge (ULF) ersetzt und aus dem Stadtbild verschwunden sein. (Michael Matzenberger, derStandard.at, 15.7.2014)