Vier Mädchen, drei davon kopftuchtragende Musliminnen, bewarben sich für einen halbtägigen Ferialjob. Sie mussten Fotos schicken, Personalien, und der Arbeitsvertrag wurde beidseits unterschrieben.

Im Arbeitsvertrag wurde festgehalten, kein Piercing und keine Tätowierung zu tragen. Die Mädchen hatten weder das eine noch das andere. Alle Formalitäten waren erledigt, und zwei Tage vor Arbeitsantritt kam die Frage, ob die kopftuchtragenden Mädchen ihre Tücher während der Arbeit nicht ablegen könnten. Nach Ablehnung dieses Vorschlags hatten die Mädchen die Absage bekommen. Die Nichtmuslima verzichtete solidarisch auf die Arbeit. - Solche Geschichten sind keine Seltenheit im Leben einer Muslima in Österreich, Deutschland oder der Schweiz. Auch wenn in diesen Ländern die Regierungen noch schärfere Gesetze über Arbeitsrechte erlassen würden, würden sich die Einstellungen mancher Menschen oder Betriebe nicht ändern. Niemand hat sich bisher gefragt, warum die muslimischen Frauen Kopftücher tragen.

"Ihr lebt hier, passt euch an!", lautet die oft geäußerte traditionelle Aufforderung nach Integration. Gleichzeitig würde man einer Klosterschwester ihr Recht auf Arbeit nicht verwehren. Interessanterweise lässt man kopftuchtragende Musliminnen aber als Reinigungskräfte oder an einem Platz arbeiten, der nicht mit Menschen in Berührung kommt, als würde der Betrieb sich dafür schämen.

Integration hat viele Facetten, und es ist auch viel geschehen. Das reale Problem hat man aber weder erkannt, noch hat man versucht, daran zu arbeiten. Politiker und Bevölkerung sollen endlich begreifen, dass die Gesellschaft aus verschiedenen Nationen, Religionen, Sprachen und Kulturen besteht. Die Bemühungen für eine gelungene Integration sollen nicht an einem Quadratmeter Stoff scheitern. (Aly El Ghoubashy, DER STANDARD, 15.7.2014)