Bagdad - Mit der Wahl eines neuen Parlamentspräsidenten hat der Irak am Dienstag eine wichtige Hürde bei der Regierungsbildung genommen. Nach wochenlangem Tauziehen erhielt der Sunnit Salim al-Jabouri 194 der 273 abgegebenen Stimmen. Das Parlament soll als nächsten Schritt einen neuen Staatspräsidenten wählen, der dann die stärkste Partei mit der Regierungsbildung beauftragt.

Al-Jabouri, ein Abgeordneter aus der Provinz Diyala, wurde nach offiziellen Parlamentsangaben mit breiter Mehrheit gewählt. Nur 19 Stimmen seien auf den einzigen Gegenkandidaten entfallen, der Rest war ungültig. Bisher hatten sich die Abgeordneten nicht auf einen Konsenskandidaten einigen können. Aufgrund der Konflikte zwischen Schiiten, Sunniten und der kurdischen Minderheit verzögerte sich die Vergabe der Spitzenämter immer wieder.

Machtverteilung

Ob al-Jabouris Wahl Teil einer Gesamteinigung ist, bei der auch bereits die Posten des Staatspräsidenten und Regierungschefs vergeben wurden, blieb zunächst unklar. Die breite Mehrheit, mit der al-Jabouri gewählt wurde, deutet jedoch darauf hin. Laut der inoffiziellen Machtverteilung im Irak wird der Posten des Parlamentspräsidenten von den Sunniten, der des Staatschefs von den Kurden und der des Ministerpräsidenten von den Schiiten besetzt.

Ungeachtet des wachsenden Drucks aus dem In- und Ausland beharrt der derzeitige schiitische Ministerpräsident Nuri al-Maliki nach dem Wahlsieg seiner Partei Ende April darauf, in einer dritten Amtszeit die Regierung zu führen. Doch nicht nur die Sunniten lehnen ihn ab. Auch viele Schiiten haben Zweifel, ob al-Maliki der richtige Kandidat ist, um die international geforderte Einheitsregierung unter Beteiligung der Sunniten und Kurden zu führen.

Die Lage im Irak ist derzeit wegen des Vormarschs der sunnitischen Jihadistengruppe Islamischer Staat (IS) besonders prekär. Die Extremisten hatten vor einem Monat eine Offensive im Irak gestartet. Nach ihrem Vormarsch im Norden und Westen des Landes sowie Geländegewinnen in Syrien riefen die Jihadisten Ende Juni ein grenzüberschreitendes Kalifat aus.

Im Kampf um die Rebellenhochburg Tikrit verzeichnete die Armee am Dienstag nach eigenen Angaben einen Teilerfolg. Ein Offizier sagte, die Polizeiakademie und ein Krankenhaus seien wieder unter Kontrolle der Regierung. Die Heimatstadt des früheren Machthabers Saddam Hussein war am 11. Juni von den Jihadisten erobert worden, seitdem hatte das Militär bereits mehrmals eine Eroberung von Teilen der Stadt vermeldet.  (APA, 15.7.2014)