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So gehen die deutschen Fußballspieler Weidenfeller, Mustafi, Schürrle, Klose, Götze und Kroos vor tausenden Fans.

Foto: Reuters/Grimm

"Berlin, Berlin, wir fahren nach Berlin", so lautete 2006 allerorten in Deutschland die Losung bei der Heim-WM, die schon vorab als "Sommermärchen" inszeniert wurde. Aus Berlin wurde letztlich Stuttgart, über das Verliererfinale um Platz drei kam "Schland" nicht hinaus, und nach Berlin fuhren Italien und Frankreich.

Diesmal ist die deutsche Nationalmannschaft jedoch am Ziel angekommen: Nachdem 2006 wie auch bei den Turnieren 2008, 2010 und 2012 nur der selbstverliehene Titel "Weltmeister (respektive Europameister) der Herzen" erreicht wurde, durfte sie nun endlich siegreich in Berlin einziehen. All diese Jahre war der Deutsche Fußballbund bemüht, das Image der Deutschen in der internationalen Wahrnehmung zu korrigieren und sich als "neues Deutschland" zu positionieren, Fairness wurde großgeschrieben. Dass ausgerechnet bei der Feier des Titels in Berlin diese Bemühungen von der eigenen Mannschaft konterkariert wurden, ist eine PR-Panne gröberen Ausmaßes.

Die frischgebackenen Weltmeister Roman Weidenfeller, Shkodran Mustafi, André Schürrle, Miroslav Klose, Mario Götze und Toni Kroos marschierten, gebückt wie Schimpansen, auf die Bühne und sangen "So geh'n die Gauchos, die Gauchos gehen so", um sich dann aufzurichten und mit "So geh'n die Deutschen, die Deutschen gehen so" fortzufahren.

Es handelte sich dabei nicht um einen schlechten Scherz bei einer privaten Party, sondern um den Auftritt vor den Augen von zehntausenden Fans und Millionen TV-Zuschauern, die Spieler sangen in Mikrofone mit den Logos öffentlich-rechtlicher Fernsehsender und trugen Kleidung mit den Logos des DFB und des Sponsors Mercedes-Benz.

Von zahlreichen deutschen Medien wurde der Vorfall umgehend heftig kritisiert. Man kann natürlich beschwichtigen, dass es sich um jungen, dummen Überschwang im Siegestaumel handle, dagegen spricht jedoch, dass der gar nicht mehr so junge Miroslav Klose vorne mit dabei war und die Auftritte der Spieler keineswegs spontan waren, sondern vielmehr die Aufteilung in Gruppen, wie sie in Brasilien in WGs einquartiert waren, im Voraus geplant wurde. 

Die deutschen Fußballer mögen mit ihrem Auftritt keinen grundsätzlich rassistischen Hintergedanken verfolgt haben, aber sie müssen sich den Vorwurf gefallen lassen, dem im Fußball weit verbreiteten Rassismus Vorschub zu leisten: Wie soll man einem Fan mit Rechtstendenz klarmachen, dass er gesellschaftliche Regeln verletzt, wenn die Nationalspieler dasselbe widerspruchlos dürfen? (Michael Vosatka, derStandard.at, 16.7.2014)