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Im März wahlkämpfte Anne-Sophie Leclère (l.) für die Partei Front National bei Gemeindewahlen, nach ihrem Facebook-Eintrag, der nun zu einem Urteil führte, war sie ausgeschlossen worden.

Foto: APA/EPA/Remi Wafflart

Ein Urteil wie ein Paukenschlag: So empfinden viele Franzosen den Entscheid eines Gerichts, eine ehemalige Kandidatin der Partei Front National (FN) zu neun Monaten unbedingter Haft und einer saftigen Buße von 50.000 Euro zu verurteilen. Ferner darf sie fünf Jahre nicht zu Wahlen antreten. Das Urteil ist nicht rechtskräftig.

Die 34-jährige Anne-Sophie Leclère hatte beim Gemeindewahlkampf im März eine Facebook-Seite online gestellt, auf der die dunkelhäutige Justizministerin Christiane Taubira neben einem Affen abgebildet war. Zu dieser Fotomontage schrieb Leclère: "Ich sehe sie lieber auf einem Baum als in der Regierung."

Die von Taubira gegründete Organisation Walwari in Französisch-Guyana reichte daraufhin in dem Département in Südamerika Klage ein. Das Gericht in Cayenne kam zu dem Schluss, dass eine vorsätzliche und erschwerte Form von Rassismus vorliege. Der Staatsanwalt hatte vier Monate Haft verlangt. Der Richter ging nicht nur darüber hinaus; er verurteilte auch den Front National zu einer Buße von 30.000 Euro, obwohl die Partei von Marine Le Pen die Kandidatin nach dem Eintrag ausgeschlossen hatte.

Leclère kündigte Berufung an und erklärte, sie habe sich vielleicht "ungeschickt" geäußert, sei aber "keine Kriminelle". Das Strafmaß sei maßlos übertrieben, vergleichbar mit Urteilen über fahrlässige Tötung oder Gewalt in der Ehe. Auch FN-Vize Florian Philippot nannte die Strafe "völlig unverhältnismäßig". Sie stelle - von einem Richter einer linken Gewerkschaft entschieden - "politische Justiz" dar.

Taubira meinte nur zurückhaltend, es sei das französische Strafrecht zur Anwendung gekommen. In den Reaktionen der übrigen Parteien war zum Teil ein gewisses Unverständnis über das hohe Strafmaß herauszuhören. Der Mittepolitiker François Bayrou sagte jedoch, viele Franzosen hätten noch nicht erfasst, dass Rassismus keine Meinung oder ein Gefühl sei, sondern ein Delikt.

"Heilsame Entscheidung"

Walwari-Sekretär Joël Piep sprach von einer "historischen und heilsamen Entscheidung". Er erinnerte daran, dass sich ursprünglich sogar in der Regierung niemand gefunden habe, um diesen offenen Rassismus zu verurteilen. Taubira hatte berichtet, sie werde so häufig als "Makake" beschimpft, dass sie gar keine Zeit habe, darauf einzugehen. "Millionen von Mädchen wissen, dass man sie auf dem Pausenplatz als Affen bezeichnen kann", hatte sie vor dem Urteil gemeint. Das könnte sich nun ändern. (Stefan Brändle aus Paris, DER STANDARD, 17.7.2014)