Albert Steinhauser will Ungeheuerliches bemerkt haben. Ministerbüros würden zum "Tummelplatz von Lobbyisten", sagt der Grüne, weil dort Leihpersonal aus diversen Verbänden ins Ohr der Ressortchefs flüstere.

Was Steinhauser "enthüllt", weiß im Kern jeder halbwegs politisch versierte Mensch. Ja, Interessenvertreter beeinflussen die Regierung massiv - das lässt sich allein schon aus dem Umstand ablesen, dass die Sozialpartner vom Koalitionspakt bis zur Pensionsreform alle möglichen Schlüsselfragen mitverhandeln. Gewerkschafter, Kämmerer, Industrievertreter sitzen nicht nur im Nationalrat, sondern auch - derzeit in Person von Rudolf Hundstorfer (SPÖ) und Reinhold Mitterlehner (ÖVP) - im Ministerrang. Mit Werner Muhm zählt ein Arbeiterkammerdirektor zu den wichtigsten Beratern des Bundeskanzlers.

Angesichts dieser Verquickungen ausgeliehene Referenten in den Kabinetten für das große Einfallstor des Lobbyismus zu halten mutet einigermaßen naiv an. Will der Chef der Industriellenvereinigung etwas vom Wirtschaftsminister, wird er dessen Handynummer schon auftreiben.

Man kann den Einfluss von Kammern und Co für zu groß halten, doch das ist eine Frage der inhaltlichen Wertung. Im Prinzip ist es - finanzielle Aspekte von Leihverträgen einmal ausgeklammert - legitim, wenn ein Minister seinen Stab mit politischen Vertrauensleuten besetzt - und dabei auch aus ihm nahestehenden Thinktanks schöpft. (Gerald John, DER STANDARD, 17.7.2014)