Bochum – Eine konsequente medizinische Behandlung kann Diabetespatienten vor Erblindung, Amputationen, Nierenversagen, Herzinfarkt und Schlaganfall bewahren. Der deutliche Rückgang dieser "Spätkomplikationen" eines Diabetes konnte jetzt erstmals für die USA dokumentiert werden. Er wird jedoch von einem weiteren Anstieg der Diabetes-Erkrankungszahlen überschattet.
Weniger Folgeerkrankungen
Mitarbeiter der amerikanischen Centers for Disease Control and Prevention (CDC) haben jüngst im "New England Journal of Medicine" berichtet, dass in den USA die Zahl der Herzinfarkte bei Diabetespatienten in den letzten beiden Jahrzehnten um zwei Drittel (minus 67,8 Prozent) zurückgegangen ist. Bei Schlaganfällen (minus 52,7 Prozent) und Amputationen (minus 51,4 Prozent) haben sich die Zahlen mehr als halbiert. Auch Todesfälle infolge eines diabetischen Komas (minus 64,4 Prozent) sind deutlich seltener geworden.
"Das sind eindrucksvolle Zahlen, die den heute hohen Standard der medizinischen Diabetesbehandlung aufzeigen", sagt Helmut Schatz von der Deutschen Gesellschaft für Endokrinologie (DGE). Wir hätten heute nicht nur Medikamente, die Blutzucker, Cholesterin und Bluthochdruck effektiv senken, sondern zusätzlich auch regelmäßige augenärztliche Untersuchungen, Überwachung des Herz-Kreislaufsystems, der Nieren und eine Fußpflege.
Außerdem würden die Patienten immer auch zu einer Änderung des Lebensstils mit gesunder Ernährung, mehr Bewegung und Sport und gegebenenfalls einer Gewichtsreduktion motiviert, so der Experte. Nikotinverzicht gehört ebenfalls zu den wichtigen Allgemeinmaßnahmen.
Mehr Betroffene
Gleichwohl widersprechen die erhobenen relativen Zahlen den täglichen Erfahrungen von Klinikärzten und niedergelassenen Medizinern. Die Zahl der Menschen mit Diabetes ist in den letzten zwei Jahrzehnten in den USA und auch in Österreich stark angestiegen. Insgesamt müsse man somit trotz heute besserer Versorgung davon ausgehen, dass die absoluten Zahlen der Diabeteskomplikationen weiter zunehmen werden. Dies unterstreiche die enorme Wichtigkeit der Diabetesprävention.
Der DGE-Experte glaubt nicht, dass Appelle allein ausreichen. "Es gibt eine Reihe einfacher und effektiver Maßnahmen, die immer wieder am fehlenden Willen in der Politik scheitern", kritisiert der Experte. Das wären beispielsweise eine Ampelkennzeichnung für Nahrungsmittel, die verbraucherfreundlicher sei als der jetzt obligatorische Nährwertkasten mit Zahlenangaben wie "pro 100 Gramm", oder höhere Steuern für zuckerhaltige Getränke.
Ein weiterer effektiver, wenn auch aufwendiger Ansatz wären Präventionsmanager, die Hoch-Risiko-Personen regelmäßig persönlich beraten. "So wichtig die Erfolge bei der Diabetesbehandlung auch sind, die Therapie ist beim Typ-2-Diabetes kein Ersatz für die Prävention", sagt Schatz. Und vorbeugen ist bekanntlich besser als heilen. (red, derstandard.at, 17.7.2014)