Der Krisenkolumnist ist ein großer Freund der Sichtbarkeit von Frauen, vor allem im Sommer. Deshalb bin ich auch ein ganz vehementer Befürworter des Binnen-I, solange ich es weder selbst schreiben noch damit geschriebene Texte lesen muss.

Leider stellt sich im Zuge der laufenden Debatte einmal mehr heraus, dass es mit der gendermäßigen Ausgewogenheit des deutschen Schriftbildes nicht so weit her ist. Daher ein bescheidener Vorschlag zur Verbesserung der Sprachgerechtigkeit.

Die 26 Buchstaben des Alphabets werden je zur Hälfte in männliche und weibliche eingeteilt. Die eher zackigen, mit steif hervorragenden Strichen qualifizieren sich logischerweise für die virile Abteilung, während die runden oder auch schamdreieckähnlichen in die feminine gehören. Mein Vorschlag ist dieser: AEFHIKLMNTWXZ sind männlich, BCDGJOPQRSUVY weiblich. Diese Einteilung kann natürlich nur ein erster Versuch sein. Das B ist zum Beispiel ein echter Zweifelsfall, weil es das Hodensack-Beutelartige mit dem Vollbusigen in sich vereint und sich daher gegen eine eindeutige Gender-Zuordnung sperrt.

Mit einem konsequenten Letter-Gendering stünde erstmals ein Mittel zur Verfügung, die politische Korrektheit eines Textes quantitativ zweifelsfrei zu beurteilen: Nur Texte mit exakt gleich vielen weiblichen und männlichen Buchstaben erfüllen dieses Kriterium.

Als Zusatzmaßnahme, die deutlich machen würde, dass die korrekte Genderung stets der wichtigste Aspekt an einem Text ist, empfähle sich das wiederholte Einstreuen kleiner Beutel- bzw. Schlitzsymbole in den Textfluss. Die Leserinnen und Leser müssten allerdings zuvor darauf hingewiesen werden, dass es sich nicht um generische Schlitze bzw. generische Beutel handelt, das heißt also, dass beim Schlitz weder der Beutel mitgemeint ist noch beim Beutel der Schlitz.

Nach einem gewissen Anfangsaufwand wäre dieser Vorschlag technisch leicht administrierbar. Gebraucht würde lediglich ein Computerprogramm, das die triviale Zählung männlicher und weiblicher Lettern übernimmt, sowie ein an jedem Ministerium, jeder Universität und jeder Fachhochschule einzurichtendes Gremium mit staatlich geprüften Schlitz- und Beutelwarten und -wartinnen. Noch gendergerechter könnte es dann eigentlich kaum mehr werden. (Christoph Winder, Album, DER STANDARD, 19./20.7.2014)