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Nicht abheben, sondern einzahlen soll die Republik beim notverstaatlichten Spitzeninstitut der Volksbanken. Es geht um bis zu eine Milliarde Euro.

Foto: Reuters

Wien - Die zu 43,3 Prozent staatliche Österreichische Volksbanken AG (ÖVAG) und die "kleinen" Volksbanken sind, nach der Hypo, das zweitgrößte Bankensorgenkind der Republik. Der laufende Gesundheitscheck der großen Banken durch die Europäische Zentralbank (EZB) erhöht nun die Spannung und Nervosität auch bei den Aufsehern. Die Oesterreichische Nationalbank (OeNB) möchte verhindern, dass ein österreichisches Institut beim Test durchfällt, heißt es in Aufsichtskreisen.

ÖVAG und Volksbankensektor gelten aber seit jeher als "Wackelkandidaten" : Dass sich bei den Tests eine Kapitallücke auftut, gilt als ziemlich wahrscheinlich. Nun soll es zwischen Aufsehern und Eigentümern bereits Diskussionen geben, um Wege für eine Kapitalzufuhr zu suchen und zu finden. Allerdings hat sich Finanzminister Michael Spindelegger schon vor längerem einzementiert: Die ÖVAG werde kein Geld mehr vom Steuerzahler bekommen. Die Fronten sind also verhärtet.

Befreiungsschlag wie in München

Eine, die diese Woche vorgehüpft hat, wie so ein Befreiungsschlag gehen könnte, ist die MünchenerHyp. Sie hat im Wissen, dass sie den Bilanztest nicht geschafft hat, in den vergangenen Monaten 400 Mio. Euro bei ihren Eignern eingesammelt und dies nun bekannt gemacht.

Die Überprüfung der Banken besteht aus zwei Phasen: dem Bilanzcheck (Asset Quality Review; AQR), der die Qualität der Kredite und das Vermögen der Banken unter die Lupe nimmt - dieser Bewertungstest ist bereits abgeschlossen. Der Check basiert auf den Jahreszahlen 2013, die Banken müssen dabei eine harte Kernkapitalquote von acht Prozent nachweisen. Stellt sich dabei eine Verletzung gesetzlicher Kapitalvorschriften heraus, muss die Bank das ad hoc melden und die Lücke sofort schließen. Auf den Vermögenscheck folgt dann noch der Stresstest - wenn sich da Kapitallücken auftun, müssen sie binnen sechs bzw. acht Monaten behoben werden.

Die ÖVAG trägt ein paar Hinkelsteine mit sich herum, einer davon ist die Bank in Rumänien, die sie bis Ende 2015 verkaufen muss. Und: Das Spitzeninstitut hat ja mit seinen Mehrheitseigentümern, den "kleinen" Volksbanken, einen strengen Verbund geschlossen; sie muss sich daher die Risiken von deren zum Teil problematischen Portfolios zurechnen lassen. Die Prüfer haben bei deren Bewertung besonders hohe Anforderungen gestellt; es soll zu weiterem Wertberichtigungsbedarf kommen. Aus dem Geschäftsbericht 2013: "Die Verbundstruktur stellt ... eine wesentliche Herausforderung dar, mit der sich der Volksbanken-Verbund im AQR auch von anderen geprüften Banken unterscheidet."

Nicht berücksichtigt

Dazu kommt, dass die Bank im ersten Halbjahr 2014 zwar risikogewichtete Assets (RWA) von 1,5 Mrd. Euro losgeworden ist und ihre Eigenmittel damit entlastet hat. Aber: Im Stresstest, der ja auf Basis der 2013er-Zahlen basiert, kann diese Entlastung nicht berücksichtigt werden. Dass die EZB in dem Punkt zu irgendwelchen Kompromissen bereit ist, wie manche Volksbanker hoffen, gilt als unwahrscheinlich.

Angeblich soll sich so auf mittlere Sicht ein Kapitalloch von bis zu einer Milliarde Euro auftun - bestätigt wird das aber weder von OeNB noch von Finanzministerium oder Bank. ÖVAG-Banker, die auch von Gesprächen über Kapitalspritzen nichts wissen wollen, betonen nur, dass man bereits im Geschäftsbericht 2013 auf weiteren Kapitalbedarf hingewiesen habe. Der entsteht schon durch die Umstellung auf Basel III. In dem Bericht ist die Rede von einer "Eigenmittelunterdeckung im Verbund" 2013, und "im Konzern 2016". Diese Lücke könne aber durch "Kapitalmaßnahmen der Aktionäre geschlossen werden".

Die Aufsicht wünscht sich angesichts der befürchteten Kulmination von Problemen eine nachhaltige, baldige Geldspritze - wie die Volksbanken und die Republik die stemmen können, ist offen. Instrumente mit Garantie werden angesichts des Hypo-Schuldenschnitts auf wenig Nachfrage stoßen, allenfalls müsse die Republik ihre Anteile aufstocken, wie es heißt. All das setzt freilich einen Meinungsumschwung von Minister Spindelegger voraus - und: eine für ihn gesichtswahrende Lösung.

Bestätigt wird all das von niemandem. Die Finanzmarktaufsicht gibt "keinen Kommentar zu Gerüchten", die OeNB keinen zu "Zahlen aus Bilanzchecks, die noch nicht abgeschlossen sind". Und im Ministerium geht man davon aus, "dass die ÖVAG im Fall konkreter Kapitalmaßnahmen in Gespräche mit der Republik eintritt. Bisher sind uns keine Pläne bekannt". (Renate Graber, DER STANDARD, 19.7.2014)