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Beamten-Gewerkschafter Neugebauer will, dass in der Privatwirtschaft geleistete Vordienstzeiten angerechnet werden.

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Wien - Ein Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) über die korrekte Anrechnung von Vordienstzeiten in der Privatwirtschaft sorgt derzeit unter den österreichischen Staatsdienern für Verunsicherung - aber auch für Hoffnung auf eine bessere Vorrückung und damit mehr Geld. Auslöser war eine Klage des Zentralbetriebsrats der Salzburger Landeskrankenanstalten (Salk), der begehrt hat, dass sämtliche facheinschlägigen Vordienstzeiten, die in Österreich, der übrigen EU oder dem EWR geleistet wurden, unabhängig vom Arbeitgeber in vollem Ausmaß berücksichtigt werden. Bislang erfolgte das in manchen Fällen nur zu 60 Prozent.

Der EuGH hat dem am 5. Dezember des Vorjahres recht gegeben - das Land Salzburg muss 24 Millionen Euro nachzahlen.

Kanzleramt reagiert mit Erlass

Im Bundeskanzleramt wird befürchtet, dass viele Bundesbedienstete annehmen, dass das für die Salk ergangene Urteil unmittelbar anzuwendendes Unionsrecht darstelle - und nun für sich selber eine bessere Einstufung verlangen könnten. Betroffen könnten 100.000 bis 120.000 Personen sein. "Bei den Dienstbehörden und Personalstellen (sind) entsprechende Anträge durch Bundesbedienstete zu erwarten", heißt es in einem am 12. Juni verschickten Erlass der Sektion III (Öffentlicher Dienst und Verwaltungsinnovation).

Die Rechtsansicht des Kanzleramts ist, dass es keine Diskriminierung von Unionsbürgern im öffentlichen Dienst gebe, wenn Vordienstzeiten in der Privatwirtschaft nicht voll anerkannt werden. Daher wurde in dem Erlass an alle Dienstbehörden vorgeschrieben, dass allfällige Anträge von Beamtinnen und Beamten auf Anrechnung von Dienstzeiten mit Bescheid zurückzuweisen wären.

Neugebauer spricht von Foul

"So etwas habe ich noch nicht erlebt", poltert der Chef der Beamtengewerkschaft, Fritz Neugebauer. Er sieht in dem Erlass "ein Foul des Dienstgebers", der zurzeit mit der Gewerkschaft über genau diesen Punkt wochenlang verhandelt habe. Neugebauer geht, gestützt auf ein europarechtliches Gutachten von Walter Obwexer (Universität Innsbruck), davon aus, dass in ähnlichen Fällen ähnliche Entscheidungen des EuGH ergehen werden und im öffentlichen Dienst generell alle Vordienstzeiten angerechnet werden müssen.

"Wir haben daher vorgeschlagen, dass der Dienstgeber einen Verjährungsverzicht abgibt, wie ihn das Land Oberösterreich schon abgegeben hat, damit die Leute keinen Nachteil haben", sagt der Gewerkschaftschef - dies bedeute ja noch keine Anerkennung von Ansprüchen. Komme dieser nicht, werde er alle möglichen Betroffenen auffordern, Anträge zu stellen. (Conrad Seidl, DER STANDARD, 19.7.2014)