Mossul - Nach einem Ultimatum der Terrorgruppe Islamischer Staat (IS) sind Tausende Christen aus der nordirakischen Stadt Mossul geflohen. Die Extremisten hatten ihnen am Freitag mit dem Tod gedroht, sollten sie Mossul nicht bis Samstagmittag verlassen haben, wie die irakische Nachrichtenseite Shafaaq News berichtete.

Wahlweise hätten die Christen auch zum Islam konvertieren und eine Sondersteuer zahlen können. Die Flüchtlinge suchten unter anderem in den kurdischen Autonomiegebieten Schutz. "Erstmals in der Geschichte des Irak gibt es keine Christen in Mossul mehr", sagte der Patriarch der chaldäisch-katholischen Kirche, Kardinal Louis Raphael I. Sako. Noch am Donnerstag hätten sich 25.000 Christen in der Stadt aufgehalten.

Häuser gekennzeichnet

In den vergangenen Tagen seien bereits Häuser von Christen in Mossul von außen gekennzeichnet worden, zitierte das Nachrichtenportal Al-Mada den Patriarchen. Shafaaq News berichtete, IS-Kämpfer hätten die Kreuze von den Kirchen der Stadt entfernt. Sie nahmen demnach die Häuser von Christen und deren Besitz in Beschlag. Der syrisch-katholische Patriarch Ignatius Joseph III. Younan berichtete in Radio Vatikan, dass der Bischofssitz in Mossul gebrandschatzt worden sei.

Der katholische Erzbischof von Bagdad, Jean Benjamin Sleiman, berichtete von Übergriffen der IS-Kämpfer auf die flüchtenden Christen. Ihnen würden an Kontrollpunkten Geld, Autos und alle Gegenstände abgenommen, die sie mit sich führten. So seien die Flüchtlinge gezwungen, etliche Kilometer bei großer Hitze zu Fuß zurückzulegen, bis sie die ersten christliche Dörfer erreichten.

"Geschockt und entsetzt"

Der Wiener Landtagsabgeordnete und gebürtige Iraker Omar Al-Rawi zeigte sich "geschockt und entsetzt" über die Berichte aus Mossul. "Ich verurteile diese Entwicklung auf das Schärfste und drücke der christlichen Bevölkerung meine Solidarität aus", betonte Al-Rawi in einer Stellungnahme. Es sei dafür zu sorgen, dass die Vertriebenen wieder sicher in ihre Stadt zurückkehren können. "Wer hier schweigt, macht sich mitschuldig."

Die sunnitischen Extremisten hatten die Millionenstadt Mossul Anfang Juni eingenommen. Seitdem waren bereits Tausende Christen geflohen. IS-Kämpfer verschleppten mehrere Christen, darunter Geistliche und Nonnen. Auch andere religiöse Minderheiten wie Schiiten oder Jesiden sind in den von der Terrorgruppe kontrollierten Gebieten Opfer von Übergriffen. (APA, 19.7.2014)