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Rauch steigt auf in Gaza-City am Samstag.

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Israelische Panzer in der Nähe des Gazastreifens

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Ein Palästinenser in der Ortschaft Shedshaiya

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Tel Aviv/Gaza - Ein Sprecher des bewaffneten Arms der radikal-islamischen Hamas hat am Sonntagabend mitgeteilt, Hamas-Kämpfer hätten einen israelischer Soldaten in ihre Gewalt gebracht.

Wir haben einen zionistischen Soldaten gefangen genommen", sagte Abu Ubaida von den Ezzedin-al-Kassam-Brigaden im Fernsehsender der Hamas. Er gab den Namen des Soldaten mit Shaul Aaron an. Eine Sprecherin der israelischen Armee sagte, die Angaben würden derzeit überprüft.

Offensive ausgeweitet

Die israelische  Armee hat am Sonntag ihre Bodenoffensive im Gazastreifen ausgeweitet. Bei dem folgenschwersten Angriff seit Beginn des Einmarsches vor drei Tagen kamen am Sonntag nach palästinensischen Angaben mindestens 87 Menschen ums Leben. 400 Menschen seien im nordöstlichen Stadtviertel Shedshaiya verletzt worden, teilten Sanitäter mit.

Viele Bewohner flohen in ein mit Verletzten überfülltes Krankenhaus. Bei den seit insgesamt 13 Tagen andauernden Gefechten wurden nach palästinensischen Angaben mindestens 425 Palästinenser getötet.

Auf israelischer Seite starben allein am Sonntag 13 Soldaten. Hamas-Kämpfer sagten, sie hätten israelische Soldaten in einem Hinterhalt überfallen und Sprengsätze um ihre Fahrzeuge gezündet. Andere Islamisten erklärten, sie hätten Soldaten in einem Haus in Gaza angegriffen.

Netanyahu droht

Israels Ministerpräsident Benjamin Netanyahu kündigte eine Ausweitung der Bodenoffensive im Gazastreifen an. "Wir werden nicht aufhören, bis alle Ziele erreicht sind", sagte Netanyahu am Sonntag in Tel Aviv. Die radikal-islamische Hamas sei selbst für die vielen Toten unter den Zivilisten in dem Palästinensergebiet verantwortlich.

Leichen auf den Straßen

In Videoaufnahmen, die ein Bewohner der Nachrichtenagentur Reuters zeigte, war mindestens ein Dutzend verstümmelte Leichen auf den Straßen Shedshaiyas zu sehen, darunter drei Kinder. Sanitäter suchten nach weiteren Opfern, sagte der Direktor des drei Kilometer entfernt liegenden Krankenhauses Schifa, Naser Tattar. Im Hospital selbst suchten verzweifelte Menschen nach Angehörigen. Rufe wie "Habt ihr Ahmed gesehen" oder "Wer hat meine Frau gesehen" hallten durch den Hof, auf dem sich die Familien in Gruppen zusammenfanden. Im Gebäude selbst lagen Verletzte auf dem blutbedeckten Boden.

Tausende Bewohner flohen nach Beginn des Panzerbeschusses aus dem Stadtviertel. Manche zu Fuß, manche auf Lastwagen, manche auf den Motorhauben von Autos. Das Haus des führenden Hamas-Vertreters Chalil al-Haja sei aus der Luft getroffen worden, sagten Krankenhausvertreter. Dabei seien dessen Sohn und Schwiegertochter sowie zwei Enkel getötet worden. Auf Bitten des Internationalen Komitees vom Roten Kreuz verkündete Israel für den Nachmittag eine zweistündige humanitäre Feuerpause. Kurz darauf hob Israel sie wieder mit der Begründung auf, die Hamas habe sie gebrochen.

Warnungen ausgesprochen

Angesprochen auf den Angriff sagte eine israelische Militärsprecherin, die Bewohner des betroffenen Bezirks seien vor zwei Tagen gewarnt worden, das Gebiet zu verlassen, um ihr Leben zu schützen. Die Hamas wiederum appellierte an die Bewohner, der israelischen Aufforderung nicht Folge zu leisten. Israel wirft der Hamas vor, die Zivilbevölkerung als menschlichen Schutzschild zu benutzen. Palästinenserpräsident Mahmud Abbas bezeichnete den israelischen Angriff als Massaker.

Israel hatte seine Bodenoffensive am Donnerstag gestartet, nachdem ein zehntägiger Beschuss aus der Luft und vom Meer aus keinen durchschlagenden Erfolg brachte. Ziel der Offensive ist es, den Beschuss Israels mit Raketen zu stoppen und ein weit verzweigtes Tunnelnetzwerk der Extremisten zu zerstören. Im Süden Israels und in Tel Aviv heulten am Sonntag wieder Sirenen, die vor Raketenangriffen warnen. Nach israelischen Angaben wurden bislang 1700 Raketen auf das Land abgefeuert. Die meisten werden jedoch vom Abwehrsystem "Iron Dome" abgefangen.

Diplomatische Bemühungen

Diplomatische Bemühungen unter anderem von Ägypten, Katar, Frankreich und den Vereinten Nationen um ein Ende der Gewalt blieben zunächst erfolglos. In Doha sollten nach Angaben Katars am Sonntag Abbas und UN-Generalsekretär Ban Ki Moon über die Lage beraten. Anschließend werde Abbas auch mit Hamas-Chef Chaled Meschaal zusammentreffen.

Katar habe der internationalen Gemeinschaft eine Forderungsliste der Hamas übermittelt, die in der abgelaufenen Woche eine von Ägypten vorgeschlagene Feuerpause abgelehnt hatte. Zu den Forderungen gehörten eine Gefangenenfreilassung, die Öffnung der Grenzen und ein Ende der Seeblockade des Gazastreifens durch Israel.

UNO-Generalsekretär Ban Ki-moon forderte Israel auf, bei Angriffen im Gazastreifen mehr Rücksicht auf Zivilisten zu nehmen.

"Zu viele unschuldige Menschen sterben (...) leben dauerhaft in Angst", sagte Ban. "Gaza ist eine offene Wunde (und) wir müssen die Blutung stoppen."

Proteste

In zahlreichen europäischen Städten kam es am Wochenende zu Protesten gegen die israelische Militäroffensive. In Paris lieferte sich die Polizei Straßenschlachten mit Demonstranten. In der Londoner Innenstadt nahmen Tausende friedlich an einem Protestmarsch teil.

Obama besorgt

US-Präsident Barack Obama hat sich beunruhigt über die hohe Zahl der Opfer im Gaza-Konflikt geäußert und eine Vermittlungsmission von Außenminister John Kerry in die Region angekündigt. Obama billigte Israels Regierungschef Benjamin Netanyahu trotzdem erneut das Recht auf Selbstverteidigung im Konflikt mit der Hamas zu.

Die "steigende Zahl an Opfern, darunter eine steigende Zahl palästinensischer Zivilisten und der Verlust israelischer Soldaten" bereiteten dem Präsidenten Sorge, erklärte das Weiße Haus am Sonntag. Nach jüngsten palästinensischen Angaben wurden allein am Sonntag bei Angriffen im Gazastreifen mehr als hundert Menschen getötet.

Abbas ordnet Staatstrauer an

Als Reaktion auf die steigenden Opferzahlen im Gaza-Konflikt hat Palästinenserpräsident Mahmoud Abbas eine dreitägige Staatstrauer angeordnet. Das berichtete am Sonntag die Nachrichtenagentur Wafa. Palästinensische Botschaften weltweit würden in dieser Zeit ihre Flaggen auf Halbmast senken. (APA, Reuters, red, 20.7.2014)