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Teamchef Heraf zeigt seinen Burschen die Richtung an.

Foto: apa/neubauer

Wien/Budapest - Es kann schon vorkommen, dass Teamchef Andras Heraf im Laufe eines Spiels "Festung" schreit. Dann ziehen sich die folgsamen Burschen oder auch Ritter blitzartig zurück, verteidigen tiefer, lassen den Gegner anrennen. "Festung heißt, dass niemand in unsere Burg darf." Die Festung kommt dann zum Tragen, wenn die Kräfte nachlassen und es darum geht, einen Vorsprung zu verwalten. "90 Minuten Pressing ist halt nicht möglich, zu kräfteraubend", sagt Heraf.

Der 46-Jährige ist seit 2008 beim österreichischen Fußballverband angestellt, er betreut die U19 und ist für die Nachwuchsförderung in den Akademien zuständig. Dieser Tage ist er bei der EM in Ungarn beschäftigt. Österreich schlug zum Auftakt die Gastgeber 3:1. Am Dienstag  kommt es in Budapest zum Beisammensein mit Israel (18 Uhr). "Die spielen aggressiv, körperbetont, überhart. Das wird kein Spaziergang."

Er, Heraf, habe das seinen Kickern eingebläut. "Nach Erfolgen neigen Österreicher oft zur Hollodaro-Mentalität. Manchmal brauchen sie einen Tritt in den Hintern, wenn sie nicht gerade mit dem Handy oder Computer herumspielen." Ein Punkt würde reichen, um sich fix für die U20-WM 2015 in Neuseeland zu qualifizieren. Dann wäre man zumindest Gruppendritter. Fürs EM-Halbfinale müsste man Zweiter werden. Auch das ist zumindest nicht unwahrscheinlich. Eine Niederlage am Freitag gegen Portugal ist zwar weder erwünscht noch eingeplant, wäre aber im Fall eines Erfolges gegen Israel kein Beinbruch. Heraf: "Portugal hat mehr Qualität als wir. Aber es gelingt uns nicht so selten, qualitativ bessere Mannschaften zu schlagen."

Klare Vorgaben

Heraf betreut die U19 seit vier Jahren, er ist sozusagen mitgewachsen. "Es ist spannend zu sehen, wie sich die Leute entwickeln." Der ÖFB hat entschieden, dass ein Trainer eine Auswahl über einen längeren Zeitraum begleitet. "Dieses System hat mehr Vor- als Nachteile, du kannst gestalten, einen klaren Weg, eine klare Spielkultur vorgeben." Was keinesfalls zu kurz kommen dürfe, "ist die Kreativität. Zum Beispiel lassen wir uns bei Standards immer etwas Neues einfallen."

Die durchaus ansehnlichen Erfolge österreichischer Nachwuchsteams seien kein Zufall. "Die Ausbildung in den Akademien ist gut, dann haben wir mitunter Losglück." In Ungarn fehlen so ruhmreiche Nationen wie Spanien, die Niederlande, Italien oder England. Heraf: "Das kann ganz simple Gründe haben. Oft stellen die Klubs die Spieler nicht ab. Auch mir geht es manchmal so." RB Salzburg etwa untersagte dem Reservisten Valentino Lazaro die Reise nach Ungarn.

Sinan Bytyqi bekam das Okay von Manchester City. Heraf schätzt an der zentralen Offensivkraft "die enorme Laufstärke und Torgefährlichkeit". Kapitän Francesco Lovric verteidigte für den VfB Stuttgart, die Legionäre sind in der Überzahl. "Diesen Trend gibt es schon seit Jahren. Wobei sie natürlich nur in den zweiten Mannschaften spielen. Die Luft nach oben wird immer dünner, dieser Tatsache müssen sich alle bewusst sein." Bytyqi sagt: "Jeder muss für jeden laufen und kämpfen bis zum Umfallen."

Heraf verspürt momentan kein großes Verlangen, einen Bundesligaklub zu betreuen. "Der nächste Schritt muss sein, sich nicht nur für Endrunden zu qualifizieren. Man kann ja auch versuchen, sie zu gewinnen. Das klappt, wenn die Festung verteidigt wird." (Christian Hackl, DER STANDARD - 21.7. 2014)

ERGEBNISSE, U19-EM in Ungarn:

Gruppe A, 1. Spieltag:

Ungarn - Österreich 1:3 (0:2). Tore: Varga (60.) bzw. Bytyqi (15./Foulelfer), Blutsch (18.), Michorl (48.). SR Javier Estrada (ESP)

Ungarn: Hrabina - Talaber (46. Varga), Asztalos, D. Bobal, Tamas - Nemeth, D. Nagy, Kalmar - Farkas (77. Balogh), G. Bobal (54. Mervo), Medgyes

Österreich: Lucic - Rosenbichler, Lienhart, Lovric, Joppich - Blutsch, Rasner, Michorl, Horvath (88. Puchegger) - Bytyqi (92. Maderner) - Grubeck (78. Laimer)

Portugal - Israel 3:0 (1:0). Felcsut.
Tore: Marcos Lopes (39., 8.), Andre Silva (64.)

Die weiteren Spiele:

22. Juli (Dienstag): Österreich - Israel (18.00 Uhr, Budapest, live Eurosport 2), Ungarn - Portugal (20.30 Uhr, Felcsut)

25. Juli (Freitag): Israel - Ungarn (18.00 Uhr, Budapest), Österreich - Portugal (18.00 Uhr, Felcsut, live Eurosport)