Woher die Wiener Touristen kommen.

Grafik: Der Standard

Wien - Am wichtigsten für den Tourismus in Wien sind nach wie vor die Deutschen: Mit 1,2 Millionen Nächtigungen im vergangenen Halbjahr machten diese erneut den größten Anteil an Besuchern aus. Während der Fußballweltmeisterschaft im Juni und Juli hätten die Deutschen um Österreich einen Bogen gemacht, so Gernot Memmer, Geschäftsführer der Hotelberatungsfirma Kohl & Partner. Dennoch gab es in Wien bei den Nächtigungen von Deutschen im Juni einen Anstieg von 18 Prozent im Vergleich zum Vorjahr.

Dieses Ergebnis reiht sich in das Gesamtbild ein: Wien verzeichnet von Jänner bis Juni einen Nächtigungsrekord. Mit einem Plus von 5,8 Prozent stieg die Anzahl der Besucher ein weiteres Mal. Das gab Wien-Tourismus-Chef Norbert Kettner am Montag bei einem Pressegespräch bekannt. Ebenso stiegen Betten- und Zimmerauslastung und Nettonächtigungsumsatz. Allerdings halten sich die Touristen mit durchschnittlich 2,3 Tagen kürzer in Wien auf als in den vergangenen Jahren. „Die Menschen haben immer weniger Zeit“, stellte Kettner lapidar fest.

Die größten Zuwächse gab es bei Reisenden aus Südkorea. Die Zahl der Besucher aus dem ostasiatischen Land nahmen seit dem Vorjahreszeitraum um mehr als ein Viertel zu. Insgesamt machen sie aber nur einen sehr kleinen Teil des Marktes aus. Neben den Deutschen zieht es auch die Österreicher selbst zahlreich in die Bundeshauptstadt. 1,2 Millionen Mal nächtigten Gäste aus den anderen Bundesländern hier. Zweistellige Zuwächse gab es außerdem bei Nächtigungen aus Italien und den USA.

Sorgenkind Russland

Drastische Einbrüche gab es hingegen bei den Nächtigungen aus Russland. Insgesamt kamen zwischen Jänner und Mai zwölf Prozent weniger russische Gäste. Allein im Mai reisten um ein Viertel weniger Russen nach Wien. Dies tut besonders weh, weil Russland als drittstärkstes Herkunftsland besonders wichtig für den Wiener Tourismus ist. Kettner führt den Rückgang auf die politische Situation rund um den Ukraine-Konflikt sowie den schwachen Rubel zurück.

Auch österreichweit ist dieser Trend zu beobachten. Zwar habe sich die Buchungssituation im Jänner und Februar zunächst positiv entwickelt, seit März gebe es aber einen drastischen Rückgang bei russischen Gästen, sagt Katja Horninger von Österreich Werbung. „Tourismus ist ein Emotionsgeschäft – wenn es Unruhen oder Krisen gibt, färbt das auf die allgemeine Reiselust ab“, so Horniger. Markus Gratzer, Generalsekretär der Österreichischen Hoteliervereinigung, geht davon aus, dass der zweite Teil des Sommers den schwachen Auftakt kompensieren wird. Mittelfristig sollte man die Werbung jedenfalls auf zahlungskräftige Klientel, beispielsweise im arabischen Raum, umschichten.

Die jeweilige Wirtschafts- und Währungslage sieht auch Vera Schweder von Wien Tourismus als wichtigsten Einflussfaktor auf die Nächtigungszahlen. Der schwache Yen etwa sei Hauptgrund für das Ausbleiben japanischer Touristen. Gleich danach kommen die Flugverbindungen. Man merke sofort, wenn wichtige Direktflüge gestrichen oder hinzugefügt würden, so Schweder.

Mit der Nachfrage steigt auch die Zahl der Hotels in Wien. Das drückt auf den Preis. Bei Fünf-Sterne-Hotels etwa sei der Preis für Nächtigungen wieder auf das Niveau von 2009 gesunken, so Matthias Hautli, Geschäftsleiter von Kohl & Partner in Wien. Dies werde dann zum Problem, wenn die Nachfrage einbricht. Beim Ausblick sind sich Hautli, Memmer und Gratzer einig: Sie erwarten ein positives Ergebnis für die Sommersaison.

(Sonja Spitzer, DER STANDARD, 22.7.2014)