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Der IWF fordert den Musterschüler Deutschland dazu auf, nicht zu viel Zeit vor Büchern zu verbringen. Würde er den Straßen und Schulen des Landes mehr Geld gönnen, könnte er eine Welle an Investitionen auslösen

Foto: dpa/müller

Berlin – Steckt man die Eurozone in eine Schulklasse, dann hat sich Deutschland seit der Wiedervereinigung vom Problemkind zum ambitionierten Streber und schließlich zum Musterschüler, der auch noch im Sport brilliert, gemausert. Das beeindruckt auch den Lehrer, den diese Woche der Internationale Währungsfonds (IWF) spielt. Im Jahreszeugnis, dem jährlichen Länderbericht der Organisation, finden sich fast lauter Einser. Das Land war sparsam, hat viele Jobs geschaffen und ist der Motor der Euro-Wirtschaft.

Was Ersteres betrifft, schießt Deutschland aber über das Ziel hinaus, sagt der IWF. Damit schließt er an die erst vor einigen Monaten geführte Debatte an, ob Deutschland ein zu großer Streber ist. Das Land stellt fleißig Motoren und Autos für andere her, das eingenommene Geld bleibt aber im Sparstrumpf der Haushalte oder im Börsel des Finanzministers.

Das zeigt sich auch in der Leistungsbilanz, die den Saldo von Exporten und Importen wiedergibt. Ist die Lücke zu groß, stimmt irgendetwas nicht. In Ländern wie Spanien oder Griechenland war sie viel zu groß, was Mitursache für die jetzige Krise ist. In Deutschland sind aber nicht die Importe viel höher als die Exporte, das Gegenteil ist der Fall. Zur Einordnung: Spanien hatte vor der Krise ein Minus von knapp zehn Prozent, Deutschland jetzt ein Plus von sieben Prozent.

Die vielen Exporte bringen Geld ins Land. Der IWF meint: Dieses Geld soll Deutschland nun auch ausgeben. Der Staat könnte viel mehr in die Transportinfrastruktur des Landes stecken, auch im Bildungssektor gäbe es genügend Potenzial. Würde Deutschland über vier Jahre etwa 14 Milliarden Euro jährlich investieren, stünden unter dem Strich jeweils mehr als 20 Milliarden Euro an zusätzlicher Wirtschaftsleistung da, rechnet die Organisation vor. Das würde auf Resteuropa und die Krisenländer überschwappen und alle besser dastehen lassen.

Der IWF hat auch sonst noch ein paar Hausaufgaben für Deutschland parat. Unternehmen würden mehr Klarheit brauchen, was die Regulierung des Energiesektors betrifft. Deutschland versucht mit seiner Energiewende ja ohne Atomkraft auszukommen. In Sektoren wie dem Handel brauche es weniger Regulierung und mehr Wettbewerb, so der IWF. (sat, DER STANDARD, 22.7.2014)