Mit einem Schuldspruch endete das Verfahren gegen den Studenten Josef S. Er wurde zu zwölf Monaten Haft, acht davon bedingt, verurteilt.

derstandard.at/von usslar

Richter Thomas Spreitzer schloss sich den Ausführungen der Staatsanwaltschaft an

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Der dritte Prozesstag war der - vorerst - letzte im Fall Josef S. Der 23-jährige Deutsche wurde zu einer Haftstrafe von zwölf Monaten verurteilt, acht davon sind bedingt. Er wurde wegen Landfriedensbruchs in Rädelsführerschaft, versuchter schwerer Körperverletzung und schwerer Sachbeschädigung schuldig gesprochen. Das Urteil ist nicht rechtskräftig.

Im Verhandlungssaal und vor dem Landesgericht warteten rund 80 Unterstützer auf das Urteil. Ihre Reaktionen auf die Freilassung fielen angesichts des Schuldspruchs gedämpft aus. Viele kritisierten die dünne Beweislage und die vom Richter unter anderem bezweckte Generalprävention.

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Die Verteidiger forderten in ihren Schlussplädoyers einen Freispruch ihres Mandanten, der Staatsanwalt "mindestens" eine teilbedingte Haftstrafe.

Als friedlicher Demonstrant "unglaubwürdig"

Staatsanwalt Leopold Bien hatte in seinem Schlussplädoyer die Modifikation der Anklage zurückgenommen. Josef S. wurde nun nicht absichtliche schwere Körperverletzung, sondern nur versuchte schwere Körperverletzung vorgeworfen. Dass zuvor Polizeibeamte, die zum Demo-Abend aussagten, S. nicht hätten identifizieren können, tue nichts zur Sache, so der Staatsanwalt.

In seiner Urteilsbegründung folgte Richter Thomas Spreitzer den Ausführungen der Staatsanwaltschaft, die sich auf die Aussage eines Belastungszeugen, eines Zivilpolizisten, stützte. "Was macht ein friedlicher Demonstrant, der nicht ortskundig ist, in erster Reihe fußfrei, wenn Beamte unter Beschuss sind?", fragte der Vorsitzende. Es gebe für den Beamten keinen Grund, den Angeklagten zu Unrecht zu beschuldigen. "Wer in der ersten Reihe mitgeht, wenn nur noch Zerstörungen und Attacken auf Geschäftslokale stattfinden, ist total unglaubwürdig." Und: "So naiv san S' net", sagte Spreitzer in Richtung Josef S.

"Zweck heiligt nicht die Mittel"

Zum umstrittenen Paragrafen 274 - Landfriedensbruch - sagte Spreitzer: "Das Gesetz ist vorhanden und anzuwenden." Manche Entscheidungen würden leichter fallen, andere schwerer. Der Senat gehe nicht davon aus, dass S. der hauptsächliche Rädelsführer war. "Wir erkennen an, dass Sie politisch aktiv sind, aber der Zweck heiligt nicht die Mittel."

30 Zeugen wurden am Dienstag befragt, den Angeklagten konnten sie nicht identifizieren. S., der sich bisher der Aussage entschlagen hatte, sagte in einem Schlussstatement, dass er einen Mistkübel angegriffen und aufgestellt habe. Danach sei er den anderen Demonstranten gefolgt und weggegangen. "Zum Schluss möchte ich noch anfügen, dass ich Linkshänder bin." Zur Erklärung: Eine Gutachterin hatte zuvor festgestellt, dass geringe Schmauchspuren nur auf dem rechten Handschuh von S. gefunden worden seien. Auf Befragen des Richters erklärte er, zu keinen weiteren Angaben bereit zu sein.

Der Staatsanwalt kündigte Rechtsmittelverzicht an, die Verteidigung erbat sich Bedenkzeit. Im Anschluss an das Verfahren wurde S. aus der Untersuchungshaft entlassen.

Für die Mutter des Angeklagten war es ein "Schock", aber sie habe damit gerechnet. Vom Staatsanwalt forderte sie jedoch eine öffentliche Entschuldigung. Dieser hatte ihren Sohn in seinem Schlussvortrag der Feigheit bezichtigt und in die Nähe zum Terrorismus gerückt. Diese Wortwahl sei "diffamierend" und habe sie "erschüttert", sagte die aus Deutschland angereiste Frau. Bei der Urteilsverkündung sei ihr schlecht geworden, gestand die Mutter: "Ich versuche mich jetzt erst mal körperlich aufrecht zu halten. Aber ich bin glücklich, wenn ich ihn (ihren Sohn, Anm.) sehe." (red, derStandard.at, 22.7.2014)