St. Pölten - So viele Menschen wie noch nie haben 2013 in Niederösterreich Bedarfsorientierte Mindestsicherung (BMS) bezogen: 21.750 Personen bekamen diese Unterstützung, das waren um 13 Prozent mehr als im Jahr 2012. Diese Zahlen meldete die Arbeiterkammer (AK) Niederösterreich am Dienstag, die sich auf Daten des Amts der Niederösterreichischen Landesregierung beruft. Einen österreichweiten Bundesländervergleich gibt es bisher nur bezogen für das Jahr 2012. Damals war die Zahl laut Statistik Austria österreichweit um 14,5 Prozent angestiegen, in Niederösterreich in ähnlicher Höhe.

Allerdings sagt die Anzahl der Bezieher nichts darüber aus, wie viel ein Einzelner erhält. Die Mindestsicherung betrug 2013 für Alleinlebende maximal rund 814 Euro, im Schnitt wurden BMS-beziehenden Niederösterreichern je 161 Euro ausbezahlt. Das zeigt, dass viele Menschen, die diese erhalten, nicht allein davon leben. "Die meisten bekommen BMS zusätzlich etwa zu einem niedrigen Arbeitslosengeld oder einem niedrigen Lohn, etwa bei alleinerziehenden Müttern, die nur Teilzeit arbeiten können", erläutert Maximilian Weh, Sozialexperte der AK Niederösterreich.

Plus 96,7 Prozent im Bezirk Scheibbs

In manchen Bezirken ist die Zahl der BMS-Bezieher besonders stark gestiegen: Im Bezirk Scheibbs wurde beispielsweise ein Plus von 95,7 Prozent auf 366 Personen verzeichnet, in Wiener Neustadt-Land waren es mit 499 Personen fast um die Hälfte mehr Menschen als im Jahr 2012. Im Bezirk Wien-Umgebung stieg die Zahl der Mindestsicherungsbezieher um 43,2 Prozent (auf 1432 Bezieher). In diesem Bezirk war bereits im Jahr zuvor ein hoher Anstieg von fast 53 Prozent verzeichnet worden. Auch im Bezirk Scheibbs war die Zahl der Bezieher bereits von 2011 auf 2012 um mehr als die Hälfte gestiegen.

Die Zahlen zeigen, dass in urbanen Bereichen mehr Personen BMS beziehen. "In ländlichen Regionen beantragen offenbar nach wie vor viele Menschen, denen BMS zustehen würde, aus Scham keine Leistung", erläuterte Weh. "In der anonymen Stadt fällt das leichter." Beispielsweise bezogen 2013 in der Stadt St. Pölten mit 52.000 Einwohnern 1720 Personen Mindestsicherung, im Bezirk St. Pölten-Land mit fast doppelt so vielen Einwohnern (97.000) nur rund halb so viele Menschen (855).

Deutliches Stadt-Land-Gefälle

Die Zahl der Paare mit Kindern, die BMS bezogen, war zuletzt gestiegen, wie die letzten Daten der Statistik Austria aus 2012 zeigen: Insgesamt lebten im Jahr 2012 in Niederösterreich rund 6000 Kinder in einem Haushalt, der BMS bezog, was einen Anstieg um rund 1500 Kinder bedeutet. Gesunken ist die Zahl der niederösterreichischen Alleinerziehenden (um mehr als 500 Personen), die BMS erhielten - nur in Ausnahmen betrifft das Männer. Der Anteil der Alleinerziehenden bei den Beziehern macht fast ein Viertel aus. Die größte Gruppe ist jene der Alleinlebenden (43 Prozent). (Gudrun Springer, DER STANDARD, 23.7.2014)